Extremwetter in Afghanistan Taliban melden 150 Tote bei Überschwemmungen
Im Norden Afghanistans zeichnet sich nach den schweren Überschwemmungen keine Beruhigung ab. Die Taliban gehen inzwischen von mehr als 150 Toten aus. Angehörige suchen nach Überlebenden in den mehr als 2.000 beschädigten Häusern.
Seit Wochen halten die schweren Überschwemmungen in Afghanistan an. Besonders betroffen ist der Norden des Landes. In der nordöstlichen Provinz Baghlan stieg die Zahl der Todesopfer massiv.
Das Innenministerium der Taliban geht bislang von 151 Toten und 135 Verletzten aus, sagte der Sprecher Abdul Mateen Qaniee gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die Nachrichtenagentur AFP meldet unter Berufung auf den afghanischen Katastrophenschutz sogar mehr als 200 Tote.
In den Bezirken Dschadid und Burka der Provinz Baghlan starben laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) jeweils mindestens 100 Menschen, etwa 2.000 Häuser seien beschädigt oder zerstört worden. Zuvor war die Zahl der Toten in Baghlan mit 62 angegeben worden.
Umfangreiche Verwüstung
In der weiter nördlich gelegenen Provinz Tachar meldeten die Behörden 20 Tote infolge der Überschwemmungen. Auch in den Provinzen Badachschan, Ghor und Herat verursachten die Überschwemmungen offiziellen Angaben zufolge schwere Schäden. Das Verteidigungsministerium erklärte, es habe Rettungskräfte in die betroffenen Gebiete geschickt.
Der Sprecher der Talibanregierung, Sabihulla Mudschahid, schrieb, am schlimmsten betroffen seien die Provinzen Badachschan, Baghlan, Ghor und Herat. Es gebe umfangreiche Verwüstung und erhebliche finanzielle Schäden. Das Verteidigungsministerium der Taliban teilte mit, die Luftwaffe habe mit Evakuierungen in Baghlan begonnen und eine große Zahl von Menschen gerettet, die in den Fluten feststeckten. Hunderte Verletzte seien in Militärkrankenhäuser gebracht worden.
Offenbar vor allem Frauen und Kinder unter den Opfern
Der Katastrophenschutz in der Provinz Baghlan hatte am Freitag erklärt, unter den Toten seien vor allem Frauen und Kinder. Vielerorts hätten die Überschwemmungen die Menschen unvorbereitet getroffen.
Videos in den sozialen Medien zeigen Ströme schlammigen Wassers, die Straßen überschwemmen. Rettungsmannschaften sind zu sehen, die mithilfe der Armee und der Polizei unter Schlamm und Trümmern nach möglichen weiteren Opfern suchen.
Unterdessen mehren sich nach Informationen der Nachrichtenagentur AP Videos, die verzweifelte Angehörige vor Krankenhäusern zeigen. Ein Beamter soll in der Provinz Baghlan angesichts der hohen Opferzahl Menschen aufgefordert haben, mit dem Ausheben von Gräbern zu beginnen.
UN-Sonderberichterstatter fordert sofortige Hilfe
Afghanistan gilt als besonders anfällig für den Klimawandel. Nach einem sehr trockenen Winter können die Böden den Niederschlag besonders schlecht aufnehmen.
Sofortige Hilfe und eine langfristige Planung vonseiten der Taliban als auch internationaler Akteure seien angesichts der humanitären Krise nötig, schreibt Richard Bennett, UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage in Afghanistan, auf der Onlineplattform X.
Landwirtschaftliche Flächen unbrauchbar
Es sind nicht die ersten Überschwemmungen in diesem Jahr. Seit Mitte April sind in zehn afghanischen Provinzen etwa 100 Menschen ums Leben gekommen. Durch die schweren Regenfälle sind große Teile des Ackerlands nicht nutzbar. Für das Land ist das katastrophal, 80 Prozent der vier Millionen Einwohner leben von der Landwirtschaft.
Die radikalislamischen Taliban hatten nach dem Abzug internationaler Truppen im Sommer 2021 wieder die Macht in Afghanistan übernommen. Viele Staaten und Hilfsorganisationen haben seitdem ihre Hilfen für das verarmte Land zurückgefahren. Nach Naturkatastrophen sind die Menschen weitgehend auf sich allein gestellt.