Einsatz ist beendet Letzte US-Truppen aus Afghanistan abgezogen
Der US-Einsatz in Afghanistan ist beendet: Die USA haben ihre letzten Soldaten vom Flughafen in Kabul abgezogen. Damit endet nach fast 20 Jahren der längste Militäreinsatz der USA.
Das US-Militär hat seinen Abzug aus Afghanistan abgeschlossen. "Ich bin hier, um die Vollendung unseres Abzugs aus Afghanistan zu verkünden", sagte US-General Kenneth McKenzie, der das US-Zentralkommando Centcom führt, in einer Videoschalte mit Journalisten im Pentagon. Damit ende auch die militärische Mission zur Evakuierung von Amerikanern, Verbündeten und schutzsuchenden Afghanen. Das letzte US-Militärflugzeug habe eine Minute vor Mitternacht (Ortszeit) vom Kabuler Flughafen abgehoben.
US-Präsident Joe Biden dankte den Militärkommandeuren und den beteiligten Soldaten. Sie hätten den "gefährlichen" Abzug "ohne weiteren Verlust amerikanischer Leben" zu Ende gebracht. Der Präsident würdigte auch die Evakuierungsmission der vergangenen zweieinhalb Wochen. Die Soldaten hätten bei der "größten Luftbrücke der US-Geschichte" mit "Mut, Professionalität und Entschlossenheit" gehandelt, die "unübertroffen" seien. "Jetzt ist unsere 20-jährige Militärpräsenz in Afghanistan beendet", erklärte Biden.
Mehr als 122.000 Zivilisten ausgeflogen
Die USA und ihre Verbündeten hätten mehr als 122.000 Zivilisten außer Landes gebracht, so McKenzie. Die Bundeswehr hatte bereits am Donnerstag ihren Evakuierungseinsatz abgeschlossen. Immer noch befinden sich aber Zehntausende Menschen in Afghanistan, die vor den Taliban fliehen wollen - bei den meisten handelt es sich im Afghanen.
"Wir haben nicht alle rausholen können, die wir rausholen wollten", sagte McKenzie. Man habe bis zum letzten Moment die Möglichkeit gehabt, weitere US-Bürger zu evakuieren. Einige hätten es aber nicht zum Flughafen geschafft. "Ich denke, wenn wir noch zehn Tage geblieben wären (...), hätten wir nicht alle rausgeholt, die wir rausholen wollten", so der General weiter. Die militärische Phase der Operation sei nun beendet, sagte McKenzie. Nun beginne die diplomatische Fortsetzung.
"Unsere Verpflichtung hat keine Frist"
Nach Angaben von US-Außenminister Antony Blinken sind es noch etwas mehr als 100 US-Bürgerinnen und Bürger, die das Land verlassen wollen. Man gehe davon aus, dass ihre Zahl "unter 200, wahrscheinlich näher an 100" liege. Die US-Regierung werde sich weiterhin um sie bemühen. Das gelte auch für US-Staatsbürger, die familiäre Wurzeln in Afghanistan hätten und sich womöglich erst später für eine Ausreise entscheiden würden. "Wir werden ihnen helfen, auszureisen."
Blinken sagte, man habe sich auch intensiv um die Evakuierung von Afghanen bemüht, die mit den USA zusammengearbeitet hatten. "Wir haben viele herausgeholt, aber viele sind noch dort." Man werde weiter daran arbeiten, ihnen zu helfen, sagte Blinken und versprach: "Unsere Verpflichtung ihnen gegenüber hat keine Frist." Blinken betonte, die Taliban hätten zugesagt, Afghanen ausreisen zu lassen, "einschließlich jener, die für die Amerikaner gearbeitet haben".
Keine diplomatische Präsenz mehr in Kabul
Eine diplomatische Präsenz der USA in Afghanistan gibt es allerdings nicht mehr. Man habe die diplomatischen Aktivitäten in die katarische Hauptstadt Doha verlegt, sagte Blinken. Man wolle nun von Doha aus konsularische Angelegenheiten regeln, aber auch humanitäre Hilfe verwalten und die Zusammenarbeiten mit den Verbündeten organisieren.
Blinken kündigte an, die USA würden weiterhin humanitäre Hilfe für die Afghanen leisten. Diese Hilfe werde aber nicht über die Taliban-Regierung erfolgen, sondern über unabhängige Organisationen wie die Vereinten Nationen oder Hilfsorganisationen.
Eine Regierung unter Führung der Taliban müsse sich internationale Legitimität und Unterstützung verdienen, sagte Blinken. Sie müssten dafür ihre Zusagen zur Reisefreiheit einhalten, Grundrechte respektieren und eine inklusive Regierung bilden. Sie dürften außerdem Terroristen keine Zuflucht gewähren und keine Racheaktionen gegen ihre Kontrahenten ausüben.
Taliban feiern Abzug
Die Taliban feierten den endgültigen Abzug der US-Truppen mit Salutschüssen. "Wir haben erneut Geschichte geschrieben", erklärte der ranghohe Taliban-Vertreter Anas Hakkani auf Twitter. "Die 20-jährige Besatzung Afghanistans durch die USA und die NATO ist heute Nacht zu Ende gegangen." Talibansprecher Sabihullah Mudschahid erklärte Afghanistan für unabhängig. "Amerikanische Soldaten haben den Flughafen von Kabul verlassen und unser Land seine volle Unabhängigkeit erlangt."
Biden verlegte Abzugsdatum nach vorne
US-Präsident Joe Biden hatte im April angekündigt, alle US-Soldaten spätestens bis zum 11. September bedingungslos aus Afghanistan abzuziehen. Das Datum markiert den 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001, die den US-geführten Militäreinsatz in Afghanistan auslösten. Auch die NATO kündigte daraufhin an, den von ihr geführten internationalen Einsatz zu beenden.
Im Juli zog Biden das Datum für das vollständigen Abzug auf den 31. August vor. Der Präsident will sich am Dienstag an die Öffentlichkeit wenden und dabei unter anderem erklären, warum er am vorzeitigen Abzug aus Afghanistan festhielt.
Die USA hatten zeitweise mehr als 100.000 Soldaten im Land stationiert. An dem Einsatz beteiligten sich Zehntausende weitere Soldatinnen und Soldaten von etwa 40 NATO-Verbündeten.