Lage im Libanon Waffenruhe hält - Bewohner kehren zurück
Die Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah hält bisher. Lediglich ein Zwischenfall wird aus dem Libanon gemeldet. Viele der geflohenen Bewohner sind auf dem Weg nach Hause.
Eine nach mehr als einem Jahr des Kriegs vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz hält bislang. Die israelische Armee meldete die letzten Raketenangriffe auf den Norden des Landes, mehrere Stunden bevor die Waffenruhe in der Nacht in Kraft trat.
Am Morgen blieb es bis auf einen vom israelischen Militär gemeldeten Zwischenfall ruhig. Soldaten hätten "ein Fahrzeug mit mehreren Verdächtigen in einer Zone ausgemacht, in der Bewegung verboten ist", so die Armee. Die Soldaten hätten Schüsse abgegeben, um sie am Weiterfahren zu hindern. Daraufhin hätten die Menschen das Gebiet wieder verlassen. "Die israelische Armee wird gegen jeden vorgehen, der versucht, gegen die Waffenruhe-Vereinbarung zu verstoßen", hieß es in der Mitteilung weiter.
Der israelische Kan-Sender berichtete, acht Fahrzeuge und ein Motorrad mit Hisbollah-Mitgliedern seien in das Gebiet von Kafr Kila nahe der Grenze zu Israel gekommen. Die Armee habe sie mit Warnschüssen vertrieben.
Die israelische Luftwaffe hatte am Dienstagabend noch massive Angriffe im Libanon geflogen, auch in der Hauptstadt Beirut und ihren südlichen Vororten. Seit Beginn der Waffenruhe gab es keine neuen Angriffe. Israel erklärte, dass es erneut angreifen werde, sollte die Hisbollah das Abkommen brechen.
Libanon verlegt Truppen in den Süden
Die libanesische Armee kündigte an, "die notwendigen Schritte" zur Umsetzung der Waffenruhe zu unternehmen. Daran arbeiteten die Streitkräfte in Abstimmung mit der UN-Beobachtermission UNIFIL im Libanon, teilte die Armee auf X mit. Libanesische Soldaten sollen als Teil der Vereinbarung zur Waffenruhe im Grenzgebiet im Süden des Libanon stationiert werden, um sicherzustellen, dass Hisbollah-Kämpfer sich hinter den Litani-Fluss zurückziehen und dort auch bleiben. Die Armee ist keine aktive Kriegspartei in dem Konflikt zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär.
Libanons Parlamentspräsident Nabih Berri rief die Bevölkerung auf, in ihre Heimatorte zurückzukehren. "Wir danken den Vertriebenen und den Menschen, die sie mit Mitgefühl und Solidarität aufgenommen haben", sagte er in einer im Fernsehen übertragenen Rede.
Das Militär hatte die Bewohner dagegen zu Geduld aufgerufen. Sie sollten mit ihrer Rückkehr in ihrer Heimatorte bis zum Abzug der israelischen Streitkräfte gemäß der Feuerpausen-Vereinbarung warten. Mehr als 800.000 Menschen im Libanon wurden durch den Krieg im Land vertrieben, viele weitere flüchteten ins benachbarte Syrien.
Seit den frühen Morgenstunden sind Tausende Menschen in vollgepackten Autos auf den Weg zurück in den Südlibanon. Der Verkehr staute sich auf der Hauptverkehrsstraße zwischen Beirut und der südlibanesischen Stadt Sidon. Einige hupten und sangen, Anhänger der Hisbollah schwenkten Porträts des getöteten Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah.
Nach Inkrafttreten der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah kehren die Menschen in ihre Dörfer zurück - so wie hier in Ghazieh.
Biden spricht von "Neuanfang"
US-Präsident Joe Biden nannte die Waffenruhe einen "Neuanfang" für den Libanon und kündigte einen neuen Vorstoß für eine Waffenruhe im Gazastreifen an.
Nach Angaben eines hochrangigen US-Regierungsvertreters behält neben Israel auch der Libanon das Recht auf Selbstverteidigung gemäß Völkerrecht. Aus amerikanischen Regierungskreisen heißt es, die USA hätten nicht mit der Hisbollah über die Waffenruhe verhandelt, sondern mit der libanesischen Regierung. Diese müsse nun die Verantwortung dafür übernehmen, was in ihrem Land passiere. Ob sie dazu angesichts der Schwäche des libanesischen Staates in der Lage sein wird, ist fraglich.
Das Waffenruheabkommen sieht vor, dass die Kämpfe zunächst für zwei Monate eingestellt werden. Die Hisbollah soll sich zunächst hinter den Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der faktischen israelisch-libanesischen Grenze zurückziehen. Danach sollen Israels Bodentruppen innerhalb der 60 Tage aus dem Libanon abziehen.
Staaten begrüßen Feuerpause
Die Waffenruhe wurde von vielen Seiten begrüßt - etwa von den Vereinten Nationen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres forderte laut einer Erklärung seines Sprechers von Dienstagabend die Kriegsparteien auf, das Abkommen unverzüglich und uneingeschränkt umzusetzen.
"Endlich", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz dazu auf der Plattform X. Wichtig sei aber, "dass sich alle an das Vereinbarte halten, damit die Menschen auf beiden Seiten der Grenze wieder in Sicherheit leben können".
Arabische Staaten sowie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan machten in diesem Zuge auch auf das anhaltende Leid der Menschen im Gazastreifen aufmerksam. Die Außenministerien im Irak und in Jordanien erklärten, die Waffenruhe biete eine Gelegenheit, die Gewalt gegen Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland zu beenden. Ägyptens Regierung teilte mit, die Waffenruhe könne zu einer regionalen Deeskalation beitragen.