
Trotz Waffenruhe mit Hisbollah Israelische Angriffe nach Beschuss aus dem Libanon
Eigentlich gilt seit November eine Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz. Jetzt gibt es neue Angriffe auf beiden Seiten. Sie zeigen, wie fragil das Abkommen ist.
Rund vier Monate nach Beginn einer Waffenruhe zwischen der Hisbollah-Miliz im Libanon und Israel kommt es auf beiden Seiten der Grenze wieder zu Beschuss. Das israelische Militär fing nach eigenen Angaben drei Raketen aus dem Libanon im Norden Israels ab. Zuvor seien in der nordisraelischen Stadt Metula die Warnsirenen zu hören gewesen. Es gab zunächst keine Berichte über Schäden oder Verletzte.
Solche Attacken werde Israel nicht zulassen, sagte Verteidigungsminister Israel Katz. Man habe den Menschen in der Region Sicherheit versprochen und genau die werde es auch geben. Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir versprach eine entschlossene Reaktion. Die Streitkräfte seien angewiesen worden, massiv gegen Dutzende von "Terrorzielen" vorzugehen, bestätigte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu.
Israel reagiert mit Gegenangriffen auf "Terrorziele"
Am Abend teilte das israelische Militär mit, weitere Ziele der Hisbollah-Miliz angegriffen zu haben. Diese konzentrierten sich nach libanesischen Angaben insbesondere auf den Süden und Osten des Landes, auch die Küstenstadt Tyros war betroffen. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums ist dort ein Mensch getötet worden, sieben Menschen wurden demnach außerdem verletzt.
Bereits zuvor wurden durch israelischen Beschuss am Mittag nach offiziellen Angaben mindestens fünf Menschen getötet, darunter ein junges Mädchen. Mindestens weitere elf Menschen wurden verletzt. Israels Militär griff der libanesischen Staatsagentur NNA zufolge mehrere Orte mit Artillerie, Panzern und Maschinengewehren an, Kampfjets flogen über dem Gebiet.
Die Armee erklärte, gegen Stellungen der Hisbollah-Miliz vorzugehen. Der Hisbollah-Fernsehsender Al-Manar berichtete von mehr als 20 Luftangriffen im Süden. Aus Sicherheitskreisen hieß es, die israelische Armee habe einen Ort nahe der Stadt Nabatija mit Artillerie beschossen.
Israel greift Ziele im Libanon an
Libanesischer Präsident fordert mehr Druck von UN
Die militant-islamistische Hisbollah wies eine Beteiligung an den Raketenangriffen auf Israel zurück. Die Attacke am Samstagmorgen sei "primitiv" gewesen, sagte ein ranghoher Hisbollah-Funktionär, der namentlich nicht genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur AP. Die Hisbollah sei dafür nicht verantwortlich gewesen. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es dagegen, es seien die ersten Angriffe der Miliz auf Israel seit Beginn der bestehenden Waffenruhe Ende November.
Der libanesische Ministerpräsident Nawaf Salam forderte das libanesische Militär auf, alle notwendigen Maßnahmen im Süden zu ergreifen. Ohne sie zu benennen, deutete Salam an, dass die Hisbollah-Miliz keinen Krieg mit Israel auslösen dürfe, denn "nur der Staat kann über Krieg und Frieden bestimmen". Außerdem forderte er, die UN müssten international den Druck erhöhen, um einen Abzug Israels aus dem Libanon zu erreichen.
Die vom Iran unterstützte Hisbollah hatte Israel seit dem Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 mehr als ein Jahr lang mit Raketen beschossen. Sie wollte damit nach eigenen Angaben die Hamas unterstützen. Israel antwortete mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.
Ausschuss zur Überwachung der Waffenruhe kontaktiert
Eigentlich gilt seit November eine Waffenruhe. Diese sieht einen vollständigen Abzug israelischer Truppen aus dem Süden des Libanon vor. Dieser ist inzwischen zwar weitgehend erfolgt, es gibt aber immer noch fünf israelische Militärposten in Grenznähe.
Die libanesische Führung wertet den Verbleib der Truppen als Verstoß gegen die Vereinbarung und protestierte mehrfach dagegen. Sie habe den Ausschuss zur Überwachung der Waffenruhe zwischen der Hisbollah und Israel kontaktiert, berichtete der Nachrichtenkanal Al-Arabija.
Nachdem zuletzt mit einer israelischen Offensive im Gazastreifen die Waffenruhe mit der islamistischen Hamas faktisch endete, wachsen nun auch Sorgen vor einer neuen Zuspitzung im israelisch-libanesischen Grenzgebiet. Die UN-Mission UNIFIL sprach von einer "extrem fragilen Situation" und warnte vor einer neuen Eskalation der Gewalt.