Corona-Opfer in Belgien Kleines Land, viele Tote
In Belgien sind mehr als 4000 Menschen am Coronavirus gestorben - im Verhältnis zur Einwohnerzahl vergleichsweise viele. Das liegt auch an der Zählweise. Die soll sich nun ändern.
Eins machte Premierministerin Sophie Wilmès lieber gleich deutlich: Es sei noch lange kein Ende der Coronakrise in Belgien abzusehen. Die Kontaktsperren im Land würden deshalb bis Anfang Mai verlängert. Es gebe zwar Hoffnung - aber eben auch Rückschläge.
Zwar gingen die Aufnahmen in den Krankenhäusern zurück, seit dem Höhepunkt der Krise hätten sie sich sogar halbiert, sagte Wilmès. "Das ist der Lohn unserer Anstrengungen. Unsere Krankenhäuser können jeden aufnehmen. Trotzdem bleiben die Zahlen auf der Intensivstation hoch und es gibt noch immer täglich Tote."
Vergleiche vor allen mit den Niederlanden
Mittlerweile sind in Belgien mehr als 4000 Menschen am Coronavirus gestorben - mehr als in Deutschland. Allerdings bei einer achtfach kleineren Bevölkerung. Zahlen, die im Land mittlerweile zu Debatten führen.
Der Blick zu den Nachbarn zeigt: Offenbar steht es im Königreich schlechter als anderswo. Vor allem mit dem Nachbarland Niederlande ziehen die Belgier Vergleiche. Obwohl die Niederlande ganz andere Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus getroffen haben, stehen sie auf den ersten Blick besser da.
Dort wurde erst spät reagiert, die meisten Geschäfte sind nach wie vor offen, kleinere Menschenansammlungen erlaubt und die Grenzen geöffnet. In Belgien steht dagegen das öffentliche Leben seit fünf Wochen komplett still und die Belgier halten sich größtenteils streng an die Ausgangsbeschränkungen.
Auch die Verdachtsfälle werden gezählt
Warum also bleiben die Zahlen so hoch? Wissenschaftsjournalist Koen Wauters erklärt es im flämischen Fernsehen so: "Wir zählen auch Verdachtsfälle. Das sind zum Beispiel Menschen, die in einem Seniorenheim krank werden, in dem andere bereits gestorben sind."
In den Niederlanden würden dagegen nur diejenigen gezählt, die getestet worden und im Krankenhaus gestorben seien. Damit steuert Belgien mit seiner Sterblichkeitsrate sogar auf die Weltspitze zu. Der Virologe Marc van Ranst kritisiert diese Praxis: "Wir zählen fast jeden mit, der derzeit in einem Seniorenheim stirbt. Und jeden Tag sterben dort Hunderte. Die beeinflussen alle die Statistik - wegen eines möglichen Verdachts auf Corona. Ich finde das dumm!"
Belgiens Premierministerin Wilmès kündigte an, dass nun anders gezählt werden soll.
Doch ist es allein Zahlenakrobatik, die für Belgiens schlechtes Abschneiden im Vergleich mit den Nachbarn verantwortlich ist? So einfach sei es nicht, heißt es beim nationalen Gesundheitskomitee. Eine Rolle spiele auch die Verbreitung der Pandemie. Während sie in Belgien flächendeckend auftrete, sei sie in den Niederlanden viel stärker örtlich begrenzt.
Dennoch: Dass die belgische Zählweise irreführend ist, gestand nun auch die Premierministerin ein. Belgien habe sich dafür entschieden, bei der Zahl von Todesfällen, die mit Corona zu tun haben - oder vielleicht zu tun haben -, so transparent wie möglich zu sein, sagte Wilmès. Es habe sich aber gezeigt, dass dadurch die Zahlen überschätzt würden.
Nun wird anders gezählt, ansonsten bleibt es jedoch bei dem strengen Kurs. Die Ausgangsbeschränkungen werden verlängert. Allerdings ohne sie noch zu verschärfen. Denn auch in dieser Hinsicht vergleicht sich Belgien mit einem Nachbarland: Frankreich, wo die Einschränkung der Bürger noch viel drastischer ausfällt. Und soweit will es Brüssel dann auch nicht kommen lassen.