Spanien, Gibraltar und der Brexit Hoch gepokert - und gewonnen?
Bis zuletzt hatte Spanien gedroht, den Brexit-Deal wegen Gibraltar aufzuhalten. Am Ende stimmte Spaniens Ministerpräsident doch zu und spricht von "absoluten Garantien" - doch es gibt auch Kritik.
Dass er so hoch pokern würde, hatten die wenigsten Diplomaten erwartet. Pedro Sánchez gab sich in Sachen Gibraltar überraschend stur und unnachgiebig. Monatelange, mühsame Verhandlungsarbeit drohte zu scheitern: An einer britischen Enklave von sechseinhalb Quadratkilometern, auf der gerade einmal gut 30.000 Menschen leben - und rund 160 Affen.
Doch Gibraltar ist für Spaniens Diplomaten seit Jahrhunderten ein Kernthema. Und für Sánchez war im Brexit-Abkommen nicht eindeutig genug festgehalten, dass bei allem, was mit Gibraltar zu tun hat, auch weiterhin die Spanier gefragt werden müssen.
Mit dieser Haltung konnte er sich letztlich durchsetzen: "Gibraltar wird aus den allgemeinen Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien ausgespart. Das erlaubt, dass Spanien direkt mit Großbritannien über Gibraltar verhandeln kann", so der Ministerpräsident.
Spaniens Ministerpräsident auf dem EU-Gipfel.
Lösung des Konflikts nicht in Sicht
Künftig benötigt jede Entscheidung, die Gibraltar betrifft, erst die Zustimmung von Spanien. Alleingänge ohne Spanien soll es nicht geben - dazu haben sich die EU-Mitglieder jetzt in einer Erklärung verpflichtet. Sie stellen sich so in der Gibraltar-Frage erstmals geschlossen hinter Spanien. Und machen damit klar, dass sie dem Mitgliedsstaat Spanien näher stehen als dem künftigen Nicht-Mitglied Großbritannien. Für Sánchez ist das ein großer diplomatischer Erfolg.
"Ich möchte den Spaniern sagen, dass wir einen entscheidenden und entschlossenen Schritt getan haben. Und dass wir nun die absoluten Garantien haben, um einen Konflikt zu lösen, der mehr als 300 Jahre andauert", sagt Sánchez.
Von einer Lösung des Gibraltar-Konflikts ist allerdings noch lange nichts in Sicht. Und eine Erklärung ist noch kein rechtlich bindendes Abkommen. Der Brexit-Deal wurde wegen Gibraltar jedenfalls nicht mehr aufgeschnürt. Und auch Theresa May schließt die Reihen: Die Premierministerin kündigte an, den Ausstieg aus der EU immer auch für Gibraltar und die "gesamte Familie des Vereinigten Königreichs" zu verhandeln.
Pragmatischer Ansatz
Für den Regierungschef von Gibraltar, Fabian Picardo, ist die Erklärung der EU daher nichts als ein wertloses Stück Papier: "Pedro Sánchez und Spanien werden sich mit politischen Erklärungen zufriedengeben müssen, die juristisch ohne jede Bedeutung sind. Und die bedeutungslos sind angesichts der Entschlossenheit der Menschen und der Regierung von Gibraltar und von Großbritannien", so Picardo.
Sánchez warf er gar vor, mit seiner Gibraltar-Politik in den Fußspuren von Spaniens Diktator Franco zu wandeln. Dabei hat die Regierung Sánchez bisher eine sehr viel pragmatischere, leisere Gibraltar-Politik gefahren als die Vorgängerregierung der konservativen Volkspartei.
Deren Chef, Pablo Casado, warf Sánchez auf einer Wahlveranstaltung in Andalusien vor: "Er wagt es nicht, für die Rechte Spaniens und die geltenden Verträge zu kämpfen, dafür einzutreten, dass Gibraltar spanisch sein muss!"
Das bleibt allerdings in weiter Ferne. Doch Spanien steht stärker da als bisher. Das hohe Pokern von Sánchez hat sich ausgezahlt - erst einmal.