Gewalt in Belarus EU-Außenminister diskutieren Sanktionen
Die 27 EU-Außenminister kommen heute zu einer außerplanmäßigen Videokonferenz zusammen. Ganz oben auf der Tagesordnung steht dabei die Entwicklung in Belarus - und ob es Sanktionen geben soll.
Etwas zögerlich haben die EU-Chefdiplomaten vom Urlaubs- wieder in den Arbeitsmodus geschaltet. Aber die Situation in Belarus verlangt ein proaktives Handeln. Peter Stano ist außenpolitischer Sprecher der Kommission:
Es ist nicht akzeptabel, was wir im Verlauf des Wahlprozesses gesehen haben, die Repression gegen die Oppositionskandidaten und gegen Blogger, Aktivisten und friedliche Demonstranten. Die Menschen in Belarus verdienen, dass ihre Rechte und ihre Entscheidung respektiert werden. Wir beraten nun über die nächsten Schritte, über eine angemessene Antwort und die künftigen Beziehungen mit Belarus."
Und dabei brauche es eine entschiedene Reaktion, sagt Norbert Neuser. Der sozialdemokratische EU-Abgeordnete gehört zu den Verfassern einer Stellungnahme des Parlaments: "Wir fordern den Rat und die EU-Kommission auf, die Partnerschaftsverhandlungen mit Belarus zunächst auszusetzen. Eventuelle Sanktionen sollen zielgerichtet Lukaschenko und sein Regime treffen."
Rückschritt vom Fortschritt bei Menschenrechten
Erst 2016 hatte die EU Sanktionen gegen Belarus aufgehoben, weil sie Fortschritte im Umgang mit den Menschenrechten feststellte. Eine Fehleinschätzung, weshalb man nun wieder über Strafmaßnahmen reden müsse, sagt Michael Gahler. Der CDU-Politiker ist der außenpolitische Sprecher der EVP-Fraktion:
Konkret heißt das: Konten einfrieren, keine Visa erteilen gegenüber der gesamten Hierarchie, die Verantwortung trägt. Auch zum Beispiel der Leiterin der Wahlkommission, und natürlich auch gegenüber den engsten Familienangehörigen, die ja auch Profiteure des Regimes sind. Die Mittel der Zusammenarbeit mit Belarus in der Größenordnung von 30 Millionen Euro etwa, die müssen absolut fokussiert werden auf die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und der Opposition.
EU fährt bislang zweigleisig
Bisher verfolgt die EU nach eigener Aussage eine Politik sorgfältig abgestimmter Schritte des kritischen Engagements gegenüber Belarus. Dahinter verbirgt sich eine Mischung aus Abschreckung und Anreizen, wenn sich das Land zu mehr Freiheit und Demokratie öffnet. Und diesen Kurs sollte man beibehalten, meint Viola von Cramon. Die Grünen-Belarus-Expertin hat ebenfalls an der Stellungnahme des EU-Parlaments mitgeschrieben:
Ich denke, es ist gut, wenn die EU zweigleisig fährt. Sie muss auf der einen Seite kompromissfähig sein, sie muss gemeinsam mit der Opposition und der Zivilgesellschaft mit Lukaschenko in irgendeiner Form ins Gespräch zu kommen. Sie muss ihm vielleicht eine Exit-Strategie anbieten. Gleichzeitig muss sie aber auch Sanktionen ausarbeiten. Es muss eine internationale Untersuchungskommission geben, und das muss die EU maßgeblich vorantreiben.
Die Entscheidung über den weiteren Umgang mit Belarus muss einstimmig fallen, und bisher zeichnet sich in der Union noch keine einheitliche Linie ab. Während Deutschland, Schweden, Österreich oder Litauen eher eine härtere Haltung befürworten, plädieren andere wie Ungarn für einen Dialog mit der Führung in Minsk, um die nicht in die Arme Russlands zu treiben.