EU-Gipfel Kein "Weiter so" in der EU
EU-Ratspräsident Tusk hat die Reform der Union zur Chefsache erklärt. Beim Gipfel in Brüssel forderte er "echte Lösungen für echte Probleme". Bei den Brexit-Verhandlungen bewegt sich wenig, was in erster Linie an London liegt. Frühestens im Dezember geht's weiter.
Frühjahr 2019 lautet die Zielmarke. Bis dahin, da sind sich 27 EU-Mitgliedstaaten einig, müssen sie nicht nur den geordneten Austritt Großbritanniens organisieren, sondern auch die Modernisierung der Europäischen Union. Kommissionschef Jean-Claude Juncker sprach für viele, als er sagte, man könne angesichts der Gesamtgemengelage nicht einfach so weitermachen. Die Union - einschließlich der Eurozone - müsse "effizienter" und "entscheidungsstärker" werden.
An Ideen, wie das geschehen könnte, mangelt es nicht. Juncker und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten zuletzt in Grundsatzreden ihre Zukunftsvisionen für eine starke und geeinte EU vorgestellt. Einiges davon - zum Beispiel eine vertiefte Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich - ließe sich auch ohne Vertragsänderungen umsetzen und soll schon bald Realität sein. Auch die Eindämmung der Flüchtlingskrise und ein gemeinsames Asylsystem will man bis Mitte 2018 hinbekommen. Andere Reformen - wie der Umbau der Eurozone - dürften allerdings komplizierter werden.
Ratspräsident Tusk fordert "echte Lösungen für echte Probleme" und hat für die nächsten zwei Jahre ein detailliertes Arbeitsprogramm verfasst. Kernpunkte seiner "Leaders Agenda": Die Reform der EU ist Chefsache, bei Blockaden helfen häufigere Treffen. Und: Auch wenn Einheit das Ziel ist, kann eine Gruppe von Willigen im Notfall vorangehen.
Zweite Verhandlungsphase im Dezember?
Mehr Dynamik, aber zu wenig Fortschritt bescheinigen die 27 EU-Mitgliedstaaten den Brexit-Gesprächen. In seiner Schlusserklärung stellt der Rat fest, dass die zweite Phase - Verhandlungen über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen - frühestens im Dezember starten kann. Noch fehlten hinreichende Zusagen zu finanziellen Pflichten und Bürgerrechten. Der EU-Gipfel habe aber grünes Licht "für interne Vorbereitungen" für Phase zwei der Brexit-Gespräche gegeben, teilte EU-Ratspräsident Tusk mit.
Die britische Regierung hatte ursprünglich gehofft, schon jetzt in Phase zwei der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen und ein mögliches Handelsabkommen überzugehen. Doch dafür sind klare Zusagen der britischen Regierung Voraussetzung - und die fehlen bislang. Premierministerin Theresa May blieb erneut unkonkret. Für eine finale Brexit-Rechnung sei es zu früh, sagte sie in Brüssel. Die abschließenden Finanzdetails über den Austritt dürften erst klar sein, wenn alle Eckpunkte des Brexit-Deals feststünden. Ihr Land werde aber die Finanzverpflichtungen gegenüber der EU einhalten. "Es gibt aber noch viel zu tun", sagte sie.