Verhandlungen in Brüssel "Noch nicht so weit, wie man gern wäre"
Nach mehr als 60 Stunden sind die Verhandlungsteilnehmer in Brüssel ermüdet - doch vieles ist ungeklärt. Wo die Fronten verlaufen und welcher Kompromiss im Gespräch ist, erklärt ARD-Korrespondentin Gudrun Engel.
"Erschöpft und zerknittert" wirkten die 27 Staats- und Regierungschefs nach Angaben von ARD-Korrespondentin Gudrun Engel auf dem Weg in die Verhandlungspause, nachdem auch der dritte Verhandlungstag keine Einigung gebracht hat. Allerdings geht es mit dem bislang größten Finanzhilfen-Paket in der Geschichte der EU, mit dem das Staatenbündnis seine Mitglieder in der Corona-Krise stabilisieren will, um keine Kleinigkeit.
Gestritten werde nach wie vor um zwei Punkte, berichtet Engel: Die Höhe der Zuschüsse, die die Länder nicht zurückzahlen müssen, und die Höhe der gewährten Kredite - der Graben zwischen den unterschiedlichen Lagern verläuft entlang der Frage, wie das Verhältnis beider Hilfen ausfallen soll. Von den ursprünglich angesetzten 500 Milliarden Euro Zuschussvolumen sind die Verhandlungspartner inzwischen abgekommen - laut Engel kursiert aus Verhandlungskreisen derzeit die Zahl von 390 Milliarden Euro.
Rechtsstaatlichkeit - die zweite Front
"Was man an diesem Gipfel sehr klar sehen kann, ist tatsächlich so eine Art Gruppenbildung. Da haben wir auf der einen Seite die Gruppe der Sparsamen; das sind kleinere Länder, aber vor allem die Nettozahler der EU - die, die Geld geben", erklärt Engel. Ihnen gegenüber stehe die Gruppe derer, die gern so viel Geld wie möglich hätten.
"Dann gibt es noch eine andere Front, an der gestritten wird: Das ist das Thema Rechtsstaatlichkeit." Die Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn sähen die an Bedingungen geknüpften Hilfen als Erpressung - und hätten in den nächtlichen Verhandlungen vor allem danach gestrebt, ihre Gruppe mit Slowenien und Lettland zu vergrößern.