Neue EU-Kommission Schwergewichte und Wackelkandidaten
"Team Ursula" steht: Die neue EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat ihre Mannschaft vorgestellt. Die Topjobs gingen an die Schwergewichte. Ansonsten: Wackelkandidaten und Leerstellen - ein Überblick.
Die Topjobs
Wie erwartet gehen die Topjobs an Margrete Vestager aus Dänemark und den Niederländer Frans Timmermans. Beide hatten sich ja um den Chefposten beworben, der dann an Ursula von der Leyen gegangen ist. Jetzt werden sie herausgehobene Vizepräsidenten mit wichtigen Aufgaben.
Vestager soll sich um das große Zukunftsthema Digitalisierung kümmern und bleibt Wettbewerbskommissarin. Timmermans übernimmt den großen Bereich Umwelt und Klimaschutz. Der dritte Kommissions-Vize mit besonderen Aufgaben ist Valdis Dombrovskis aus Lettland, der für die Wirtschaft und Kapitaldienstleistungen zuständig sein wird.
Sich mit den Strafzöllen von Donald Trump herumschlagen darf der Ire Phil Hogan. Der neue Handelskommissar wird nach dem Brexit auch mit der Regierung in London viel zu besprechen haben - wenn es denn den Brexit gibt.
Vize mit besonderen Aufgaben: Valdis Dombrovskis
Der Jüngste
Gerade 28 Jahre alt ist Virginijus Sinkevicius aus Litauen. Bisher hat er sich als Minister für Wirtschaft und Innovation vor allem um die Förderung von Startups gekümmert und das Thema künstliche Intelligenz vorangetrieben. Jetzt soll Sinkevicius Kommissar für Umwelt und Ozeane werden. Die rote Baseball-Kappe mit dem Trump-Slogan "Make America great again" in seinem Ministerbüro hatte ihm - wie er selbst sagt - ein Freund aus Washington mitgebracht. Ein Hinweis auf seine politischen Überzeugungen ist die Trump-Kappe also angeblich nicht.
Virginijus Sinkevicius (links) ist das "Küken" in der Kommission.
Die Überraschung
Es gibt keine. Und das ist die eigentliche Überraschung. Vielleicht mal davon abgesehen, dass die europäischen Grünen in der Kommission nicht vertreten sind. Aber sonst ist alles dabei. Christdemokraten, Sozialisten, Liberale. Nord-Süd-Ost-West. Männer und Frauen, erfahrene und junge Leute, Es sieht so aus, als hätte von der Leyen eine ganz ordentliche Balance hinbekommen. Und dass von ihren Plänen bis zuletzt kaum was durchgestochen wurde, ist in diesem geschwätzigen Brüssel dann doch wieder ziemlich überraschend.
Die Leerstelle
Die hat die EU natürlich dem Brexit zu verdanken. Die Regierung in London geht schließlich immer noch davon aus, dass Großbritannien die Europäische Union am 31. Oktober verlässt - und hat offiziell auf einen Kommissarsposten verzichtet. Deshalb ist das "Team Ursula" genau einen Kopf kleiner als die aktuelle Juncker-Mannschaft. Noch. Denn sollte der Brexit wieder verschoben werden, dann müssten auch die Briten einen Kandidaten nach Brüssel schicken. Oder, noch besser: eine Kandidatin. Denn damit wäre die neue europäische Regierung wirklich genau zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt.
Die Wackelkandidaten
Die kommen zum Beispiel aus Polen und Frankreich, gegen beide ermittelt die europäische Anti-Betrugsbehörde wegen möglicher Spesenaffären. Der Bewerberin aus Rumänien - Rovana Plumb - wird in ihrer Heimat Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Und der ehemalige ungarische Justizminister Laszlo Trocsanyi steht wegen seiner Unterstützung für eine umstrittene Rechtsreform in der Kritik.
Ab Ende September müssen alle Kandidaten im Europaparlament antreten und nachweisen, dass sie für die Jobs geeignet sind. Dass von der Leyen danach ihre Mannschaft noch einmal verändern muss, ist nicht ausgeschlossen - sondern wahrscheinlich.
Kategorie Wackelkandidat: Ungarns Justizminister Trocsanyi