Migranten in Griechenland "Der Flüchtlingspakt ist gescheitert"
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat die EU aufgefordert, mehr für eine menschenwürdige Versorgung der 37.000 Migranten auf den griechischen Inseln zu tun. Das Abkommen mit der Türkei sei gescheitert.
Mit drastischen Worten hat der Präsident der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, Christos Christou, in Athen vor einer neuen Flüchtlingskatastrophe in Griechenland gewarnt. Christou beobachtet für Ärzte ohne Grenzen die weltweite Lage von Migranten und koordiniert Hilfe.
Er berichtete von Tausenden neu auf die Inseln gekommenen Flüchtlingen, die ohne medizinische Versorgung völlig auf sich allein gestellt seien. Die Hilfsteams würden zunehmend sogar mit Kindern konfrontiert, die aus Verzweiflung Selbstmordversuche unternehmen und so gut wie keine psychologische Betreuung bekommen.
Kritik an geplanten geschlossenen Zentren
Dass die griechische Regierung in dieser Woche eine Schließung der sogenannten Hotspots, also der überfüllten Flüchtlingslager mit Registrierungszentren auf fünf griechischen Inseln angekündigt hat, verschärft die Lage für die Flüchtlinge dort nach Ansicht von Ärzte ohne Grenzen weiter.
Die Hotspots sollen durch große geschlossene Zentren ersetzt werden. "Aber das kann keine Lösung für die schreckliche Lage auf den Inseln sein - sie können nicht etwas Neues öffnen, das eher wie ein Gefängnis wirkt", sagt Christou.
Auch der beim Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR für die griechischen Inseln verantwortliche Boris Cheshirkov sieht in den neuen Plänen der griechischen Regierung eine Gefahr für viele Flüchtlinge. Die jetzt überfüllten Lager aufzulösen und durch streng kontrollierte geschlossene Einrichtungen zu ersetzen, sei keine Lösung, vor allem nicht für die 2000 unbegleiteten Kinder, die auf den Inseln unter prekären Bedingungen lebten. "Wir müssen dafür sorgen, dass sie besseren Schutz bekommen und sie nicht zusätzlich bestrafen in noch stärker bewachten Lagern. Wichtig wäre, dass einige dieser Kinder schnell besser untergebracht werden", sagte Cheshirkov.
Explosive Lage
Das Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei ist laut Ärzte ohne Grenzen gescheitert. Christou forderte Griechenland, aber auch die anderen Länder der Europäischen Union auf, mehr zu tun für eine menschenwürdige Versorgung der im Moment 35.000 Migranten auf den griechischen Inseln.
Griechenland alleine sei seit Langem überfordert. Tausende Flüchtlinge hätten die Hoffnung auf eine Besserung ihrer Lage vor Beginn des Winters aufgegeben. Auch deshalb sei die Lage explosiv.