Geflüchtete in Griechenland Am Limit
Etwa 30.000 Geflüchtete leben derzeit auf den griechischen Inseln - unter miserablen hygienischen Bedingungen. Ein Teil von ihnen wurde aufs Festland gebracht, wo die Lage kaum besser ist.
Die Orte liegen gut 2000 Kilometer von dem Ort entfernt, an dem heute in Luxemburg die EU-Innenminister auch über Flüchtlinge in Griechenland sprechen. Es sind die Inseln, auf denen inzwischen mehr als 30.000 Menschen am Limit leben - in engen Containern, Zelten oder selbstgezimmerten Hütten wie dieser Iraker auf Samos mit seiner Familie. "Die Mäuse sind hier so groß wie Katzen", erzählt er.
Ratten fressen sich durch Essensreste. Die Spülung einer notdürftig mit Holz überdachten Toilettenschüssel führt in den nächsten Olivenbusch.
Wenn Nässe und Kälte spätestens Ende Oktober auch über die griechischen Inseln kommen, wird es unerträglich. Die 22-jährige Zarah Hosseini aus Afghanistan müsste eigentlich froh sein, dass sie auf einer der wenigen Fähren war, die in diesen Tagen ein paar hundert Flüchtlinge aus dem berüchtigten Lager Moria auf Lesbos nach Piräus aufs Festland gebracht hat.
"Wir haben im Moment gar kein Gefühl"
Dort im Hafen kann sie aber nicht lächeln. "Wir haben im Moment gar kein Gefühl", sagt sie. "Moria ist schlecht, ja. Aber wir wissen nichts über die Zukunft - wir wissen nicht, was jetzt passiert. Gehen wir jetzt in ein noch schlechteres Camp als in Moria oder gehen wir in ein besseres? Wir beten einfach zu Gott, uns zu helfen."
In engen Zelten sind die Menschen auf Lesbos untergebracht.
Enge Wohncontainer, wenig Spielprogramm für Kinder
Transfers auf Festland - das ist das einzige Konzept, das die konservative griechische Regierung anwendet, um die Lage besser zu machen. Die Konservativen hatten vor ihrer Wahl ins Parlament schnelle Hilfe versprochen.
Christina Nikolaidou von der Internationalen Organisation für Migration überwacht die Ankunft der Flüchtlinge an der Fähre in Piräus und sagt, solche Transfers könnten vielleicht doch helfen: "Die Entlastung der griechischen Inseln hat für uns oberste Priorität. Bei der momentanen Überbelastung in Moria ist es auf jeden Fall ein guter Tag für die Menschen, die von Moria aufs Festland ins Lager Vagiochori überstellt wurden. Ein ordentlicher Ort für einen dauerhaften Aufenthalt."
Viele der Lager auf dem Festland bieten allerdings ebenfalls nur enge Wohncontainer, ein wenig Spiel- und Bildungsprogramm für Kinder und eine etwas geregeltere Verpflegung. Dass dort dauerhaft immer mehr Flüchtlinge mit EU-Geld versorgt werden müssen, befürchten viele Experten in Griechenland. Seit der Drohung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor vier Wochen, noch mehr Flüchtlinge nach Griechenland durchzulassen, kommen täglich im Schnitt mehrere hundert neu an.
Geflüchtete verlassen im Hafen von Piräus eine Fähre, mit der sie von Lesbos aufs griechische Festland gebracht wurden.
Zwei Tote bei Brand in Moria
Wütende Bewohner auf der Insel Lesbos werfen dem türkischen Präsidenten Mitschuld am Tod einer Mutter und ihrer Kinder vor. Sie starben Ende September im Feuer mitten im überfüllten Flüchtlingslager Moria, konnten nicht wie andere vor den Flammen flüchten.
Giorgos, ein Bauer auf Lesbos, sah das Feuer von der Ferne aus und ist auch Tage nach dem Brand noch wütend: "Die Regierung muss endlich dafür sorgen, dass diese Menschen ordentlich leben können - ein gutes Bett, ausreichendes Essen, das brauchen sie. So schlimm, wie es gerade ist, schäme ich mich. Ich möchte eigentlich selbst nicht mehr auf unserer Insel leben."
Seehofer pocht auf EU-weite Lösung
Horst Seehofer hat sich als deutscher Innenminister vergangene Woche laut und deutlich in Ankara und Athen dafür eingesetzt, dass die Türkei und Griechenland nicht alleine gelassen werden. Seine Warnung im Athener Bürgerschutzministerium wurde mit ernsten Minen angenommen.
Im kurzen Gespräch mit der ARD sagte Seehofer, er habe schon auch die Hoffnung, dass diesmal mehr EU-Innenminister diese Warnung ernst nehmen: "Wenn wir als Europäische Union nicht die Kraft haben, dieses große Thema, das uns noch lange beschäftigen wird, solidarisch und gemeinsam zu lösen, dann werden wir das erleben, was wir 2015 auch erlebt haben. Dann werden die Menschen überall in Europa erscheinen."