Flüchtlingslager Moria Feuer, Tote und Gewalt auf Lesbos
Das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos ist völlig überfüllt - die Zustände sind für viele untragbar. Nach dem Tod einer Frau und ihres Kindes bei einem Feuer droht die Lage zu eskalieren.
Bilder und Informationen aus dem Lager Moria vom Sonntagabend gibt es viele, doch die wenigsten Informationen sind inzwischen offiziell bestätigt worden. Die Verantwortlichen verweisen auf die noch laufenden Ermittlungen. Im Internet sind kurze Videos veröffentlicht. Es sind Aufnahmen von dichten Qualmwolken über dem Registrierungszentrum auf der griechischen Insel Lesbos, Bilder von ausgebrannten Wohncontainern. Insgesamt acht Wohncontainer brannten aus.
Gewalttätiger Protest
Der Bürgermeister der Insel Lesbos, Stratos Kytelis hat bestätigt, dass zwei Menschen - eine Mutter mit ihrem Kind - nicht mehr aus den Flammen gerettet werden konnten. "Es kann nicht sein, dass Tausende Migranten bei uns im überfüllten Flüchtlingslager weiter leiden müssen. Sie müssen so schnell wie möglich aufs Festland gebracht werden - so kann es nicht weitergehen", fügte er hinzu.
Nach Augenzeugenberichten haben sich während des Feuers junge Migranten als Gruppe zusammengeschlossen und sind gewaltsam - unter anderem mit Steinen auch gegen Feuerwehrautos vorgegangen, die die Feuer löschen wollten. Die Löscharbeiten wurden den Berichten zufolge von gewaltsam protestierenden jungen Migranten immer wieder behindert.
Ein Inselbewohner, der nur wenige Kilometer vom Flüchtlingslager Moria entfernt lebt, hat Verständnis für den Protest einiger Migranten gestern Abend. Nicht aber dafür, dass eine Art Mob - bestehend aus jungen Migranten - gewalttägig sogar gegen die Feuerwehr wurde, als diese zu löschen begann.
"Die neue Regierung muss sich jetzt endlich richtig schnell bewegen, sie muss dafür sorgen, dass die Leute richtig schlafen können, essen und sich waschen können", sagte der Bewohner. Schließlich seien von der Europäischen Union immer wieder auch Geld nach Griechenland überwiesen worden, um die Infrastruktur in den Camps zu verbessern.
EIne Frau und ihr Kind kamen beim Brand im überfüllten Flüchtlingslager Moria ums Leben.
Krisensitzung beim Ministerpräsidenten
Die seit Juli regierende konservative Regierung unter Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat schnelle Besserung und die Umsetzung von "ganz neuen Plänen" versprochen. Davon ist auf den fünf griechischen Inseln mit Registrierungszentren nur wenig bis gar nichts zu spüren. Für heute hat die Regierung zu einer Krisensitzung beim Minsterpräsidenten eingeladen.
"Gar nichts ist passiert"
Beobachter wie Manos Stefanakis, Zeitungsherausgeber auf der Insel Samos, kritisieren, dass die Regierung nicht schon längst mit guten Maßnahmen reagiert hat:
Die Mitglieder der neuen Regierung, die jetzt Minister sind, hatten uns vor der Wahl auf Samos besucht. Sie haben Lösungen und ganz neue Konzepte für die Flüchtlingsunterbringung versprochen. Gar nichts ist passiert. Der stellvertretende Innenminister Koumoutsakos, der jetzt hauptverantwortlich in Migrationsfragen ist, war wenige Tage vor der Wahl im Juli hier auf Samos und hat gesagt, man könne dafür sorgen, dass Boote sehr früh in der Türkei abgefangen werden. Das ist noch kein einziges Mal passiert.
Relativ schnell hat die Regierung in Athen am Abend entschieden, mehr Polizei nach Lesbos zu schicken. 100 Bereitsschaftspolizisten sind zum Teil nach einem Fussballspiel in der griechischen Hauptstadt abgezogen worden.
Die Brände zerstörten Teile des Flüchtlingslagers.
Aggressive Stimmung
Sie haben die Lage im Camp trotz der weiterhin aggressiven Stimmung vor allem unter männlichen jungen Migranten im Moment nach eigenen Angaben im Griff. Für viele Familien und auch alleinreisende Frauen sind die Zustände im völlig überfüllten Lager Moria jedoch untragbar geworden. Es gibt kaum Möglichkeiten, sich unbeobachtet zu waschen oder auf die Toilette zu gehen.
Auch unter den Migranten ist die Stimmung nach Schilderungen einiger Nicht-Regierungsorganisationen, die im Lager arbeiten dürfen, äußerst gereizt und aggressiv. Die vergangene Nacht haben deshalb Hunderte Menschen außerhalb des Registrierungszentrums im Freien verbracht. Das geht im Moment noch bei Temperaturen von nur knapp unter 20 Grad in der Nacht.
Wenn im Oktober die ersten Herbststürme mit starkem Regen über die Ägäis ziehen, so warnen Inselbewohner und Bürgermeister, könnte die Lage rund um das Flüchtlingslager vollständig aus dem Ruder laufen.