Angriffe auf Odessa "Russland zielt auf Infrastruktur des Getreideabkommens"
Die Ukraine beklagt die zweite Nacht in Folge russische Angriffe auf die Hafenstadt Odessa - offenbar mit erheblichen Schäden. Die Regierung spricht nun von absichtlicher Zerstörung ukrainischer Getreideinfrastruktur.
Die Ukraine hat Russland vorgeworfen, nach dem Ende des Getreideabkommens gezielt die ukrainische Exportinfrastruktur anzugreifen. Nach dem erneuten nächtlichen Beschuss der südukrainischen Hafenstadt Odessa schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Telegram: "Die russischen Terroristen zielen absolut bewusst auf die Infrastruktur des Getreideabkommens, und jede russische Rakete ist ein Schlag nicht nur gegen die Ukraine, sondern gegen alle in der Welt, die ein normales und sicheres Leben anstreben." Dem Militär sei die Anweisung gegeben worden, die Hafeninfrastruktur besser zu schützen.
Auch Selenskyjs Berater Mychajlo Podoljak sprach von gezielten Angriffen Russlands auf Getreideterminals, um die Ukraine an der Getreideausfuhr zu hindern. "Die massiven Angriffe von heute verdeutlichen die russische Haltung gegenüber der Ernährungssicherheit, den afrikanischen Staaten, der UN und der Aussicht auf eine globale Hungerkatastrophe", so der Berater auf Twitter.
Moskau bestätigte die neuen Angriffe
Zu den Angriffen auf Odessa teilte das ukrainische Infrastrukturministerium mit, es seien Getreideterminals und Anlagen in den Häfen Odessa und Tschornomorsk beschädigt worden. In der Nacht zuvor hätten die Angriffe dagegen Anlegestellen und Speichern im Hafen Odessa gegolten.
In Moskau bestätigte das Verteidigungsministerium die neuen Angriffe auf Odessa von Flugzeugen und Kriegsschiffen aus. Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow behauptete allerdings, es seien im Bereich der Stadt Objekte der Militärindustrie, Treibstoffanlagen und Munitionsdepots unter Beschuss genommen worden.
Der Bürgermeister von Odessa, Hennadij Truchanow, beklagte auf Facebook die Heftigkeit des Beschusses: "Einen solchen großen Angriff haben wir seit dem Beginn des groß angelegten (russischen) Einmarsches nicht erlebt." Es seien Wohngebäude beschädigt worden, nach Behördenangaben habe es aber keine Todesopfer gegeben. Mindestens ein Mensch wurde jedoch verletzt.
Laut Ukraine 60.000 Tonnen Getreide vernichtet
Landwirtschaftsminister Mykola Solsky bestätigte zudem "erhebliche" Schäden an der Infrastruktur am Hafen von Tschornomorsk, südlich von Odessa. Er sagte, die Angriffe hätten 60.000 Tonnen Getreide vernichtet, das bereits vor mehreren Tagen hätte verladen und verschifft werden sollen.
Auch militärische Ziele und Anlagen der wichtigen Infrastruktur seien getroffen worden, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Insgesamt habe die russische Armee am Morgen über 31 Raketen unterschiedlicher Typen eingesetzt. Etwas mehr als die Hälfte habe nicht abgefangen werden können. Von 32 eingesetzten russischen Kampfdrohnen wurden demnach 23 abgeschossen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Russland warnte vor weiterem Export von Getreide
Am Montag war das von Russland nicht verlängerte Getreideabkommen ausgelaufen. Die Übereinkunft ermöglichte es der Ukraine, trotz des Krieges über das Schwarze Meer Getreide zu exportieren. Selenskyj hatte angekündigt, auch ohne Sicherheitsgarantien Getreide auf dem Seeweg ausführen zu wollen - davor warnte jedoch Russland.