Nach Berlusconis Tod Italiens Regierung droht mehr Unruhe
Giorgia Meloni und Silvio Berlusconi hatten keine einfache Beziehung. Heftig und teils öffentlich stritten sich die beiden zuletzt. Doch der Tod des ehemaligen Ministerpräsidenten könnte für Meloni gefährlich werden.
Die beiden hatten schwierige Monate hinter sich. Doch am Tag der Todesnachricht stand für Giorgia Meloni - wie es sich gehört - der Respekt für den Verstorbenen im Mittelpunkt. "Silvio Berlusconi war vor allem ein Kämpfer", sagte die Regierungschefin in ihrem Beileidsvideo. "Er war ein Mann, der niemals Angst hatte, seine Überzeugungen zu verteidigten."
Meloni hat Berlusconi einiges zu verdanken. In seinen Regierungsjahren hat der Chef der Forza Italia die Karriere der heutigen Ministerpräsidentin direkt und indirekt gefördert. Indirekt, indem er den ehemals neofaschistischen Movimento Sociale Italiano (MSI) zum Teil seiner ersten Koalition gemacht und damit die extreme Rechte in Italien enttabuisiert hat. Direkt, indem er Meloni 2008 mit 31 Jahren zur jüngsten Ministerin in Italien machte.
Öffentlich ausgetragene Differenzen
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass in den vergangenen Monaten Berlusconi und Meloni aufs Tiefste zerstritten waren. Besonders in Erinnerung bleiben dürfte Berlusconis Urteil, dass er gut sichtbar für viele Fotografen im Oktober im Senat auf einen Zettel geschrieben hatte: "Giorgia Meloni - ein rechthaberisches Verhalten, anmaßend, arrogant, beleidigend, lächerlich." Zuvor hatten sich Berlusconi und die Ministerpräsidentin über die Kabinettsliste verkracht. Berlusconis Leute stimmten gegen Melonis Kandidaten bei der Wahl zum Senatspräsidenten.
Diese Wunden sind bis zuletzt nicht geschlossen worden. Immer wieder wurden Differenzen zwischen den beiden öffentlich. Als Meloni sich in der Frage der Anerkennung von Kindern gleichgeschlechtlicher Paare gegen Brüssel stellte, wurde sie dafür von Berlusconis Forza Italia kritisiert.
Konflikt wegen der Ukraine-Politik
Vor allem in der Ukraine-Politik war Berlusconi mit der Regierungschefin im Konflikt. Den Kiew-Besuch Melonis im Februar rügte er als Fehler und gab - zum Entsetzen vieler Parteifreunde - dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Schuld am Ausbruch des russischen Angriffskriegs.
Berlusconi pflegte eine langjährige Männerfreundschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Innerhalb der Regierungskoalition war Berlusconi der schärfste Kritiker der Pro-Ukraine-Politik Melonis. An die Spitze von Forza Italia dürfte jetzt Außenminister Antonio Tajani rücken, der sich mit Meloni weitgehend in der Unterstützung für Kiew einig ist.
Forza Italia muss sich neu orientieren
Ein Problem für die Regierungschefin aber ist, dass die Forza Italia sich ohne Berlusconi in vielen Bereichen neu orientieren muss. Bislang hing die Partei an Berlusconis Geldbeutel, er alleine war Gesicht und Stimme der Forza Italia. Selbst im Krankenhaus hatte sich Berlusconi vor einem Monat noch für seinen letzten öffentlichen Auftritt vor die Kamera gemüht.
"Ich bin leider noch in der San Raffaele Klinik, aber ich habe mir für euch auch heute Morgen Jacke und Hemd angezogen", sagte er, von seiner Leukämiekrankheit gezeichnet, in einem Video, das auch Kritiker als berührend empfanden. Es waren einige seiner letzten öffentlichen Worte: "Ich erlaube mir, euch noch mal zu stören, um euch daran zu erinnern, dass Kommunalwahlen stattfinden."
Viele in Italien bezweifeln, dass Forza Italia sich ohne Berlusconi, der noch vom Krankenbett Wahlaufrufe einsprechen musste, langfristig halten kann. Für Meloni ist das nicht ungefährlich. Auch wenn die Ministerpräsidentin außenpolitisch zunächst ruhiger agieren kann - generell droht durch einen Koalitionspartner, der sich politisch neu erfinden muss, mehr Unruhe in der Regierung.