Das Kabinett in Bulgarien wird vereidigt.

Neue Regierung nach sieben Wahlen Ungewöhnliche Dreierkoalition in Bulgarien steht

Stand: 16.01.2025 16:22 Uhr

Nach mehr als drei Jahren Krise hat Bulgarien eine neue Regierung - eine Dreierkoalition aus prowestlichen, prorussischen und populistischen Kräften. Nun soll es vor allem um den erfolgreichen Eintritt in die Eurozone gehen.

Nach sieben erfolglosen Parlamentswahlen innerhalb von dreieinhalb Jahren hat Bulgariens Parlament eine neue Regierung bestätigt. Es handelt sich um eine ungewöhnliche Dreierkoalition aus dem prowestlichen Bündnis Gerb-SDS , den prorussischen Sozialisten und der populistischen Partei ITN. Die türkische Minderheitspartei DPS sicherte dem Bündnis ihre Unterstützung zu. 

Ministerpräsident Scheljaskow rechtfertigte die bunte Koalition mit der dringenden Notwendigkeit, das Land aus der politischen Krise zu führen. Die Parteien hätten "ihre politischen und ideologischen Differenzen beiseitegelegt", um ein Abkommen zu unterzeichnen, erklärte der 56-jährige Jurist.

Sieben Parlamentswahlen innerhalb von dreieinhalb Jahren

Bulgarien steckt in der schlimmsten politischen Krise seit dem Ende des Kommunismus: 2021 hatten Anti-Korruptionsproteste die damalige Regierung von Bojko Borissow zu Fall gebracht. Seither fanden sieben Parlamentswahlen statt. Bei der letzten im Oktober 2024 gewann die konservative Gerb-Partei von Borissow mit 25 Prozent der Stimmen, eine eigene Mehrheit fehlte ihr aber erneut. 

Die neue Regierung steht vor erheblichen Herausforderungen: Der Staat will seit Jahren der Eurozone beitreten. Zudem soll 2025 ein ausgeglichener Haushalt verabschiedet und die Rechtstaatlichkeit und Engergiesicherheit im Land gestärkt werden. Ein umfassendes Regierungsprogramm wird innerhalb eines Monats erwartet.

Neue Regierung "Überlebenskabinett"

Der neue Regierungschef Scheljaskow gilt als enger Vertrauter des Ex-Ministerpräsidenten Borissow. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Regierung die Legislaturperiode von vier Jahren übersteht. Ziel ist aber vor allem erst einmal, die Spirale ständiger Parlamentswahlen in dem EU-Land zu durchbrechen.

Laut dem Politologen Daniel Smilow von der bulgarischen Denkfabrik "Centre for Liberal Strategies" wird es schwierig für die Regierung: "Im optimistischsten Szenario wird sie etwa ein Jahr lang bestehen, um einige dringende Aufgaben zu erfüllen." Doch das sei besser als erneute Neuwahlen. Parvan Simenow vom Umfrageinstitut Myara nannte die neue Regierung ein "Überlebenskabinett". In einer Umfrage des Instituts sagten 76 Prozent der Befragten, sie seien bereit, jedweden Kompromiss der Parteien zu akzeptieren, um endlich eine Regierung zu haben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 16. Januar 2025 um 16:00 Uhr in den Nachrichten.