Deutsch-spanische Konsultationen Spanien will raus aus dem Schatten
Erstmals seit acht Jahren treffen sich wieder hochrangige Regierungsvertreter Deutschlands und Spaniens. Für Spanien geht es dabei auch darum, die eigene Rolle in der EU weiter zu stärken - und nicht im "Süd-Block" unterzugehen.
Spanien ist das beliebteste Reiseziel der Deutschen im Ausland, die viertgrößte Volkswirtschaft in der EU, antieuropäische Tendenzen gibt es kaum. Bei seinem Antrittsbesuch in Madrid im Januar hat Ministerpräsident Pedro Sanchez den deutschen Bundeskanzler mit warmen Worten empfangen: "Es ist eine Freude, dich hier zu haben, Olaf. Ich weiß das zu schätzen." Der Kanzler habe so kurz nach Amtsantritt ja schließlich einen vollgestopften Terminkalender.
Olaf und Pedro sind per Du
Olaf und Pedro sind nicht nur der gemeinsamen sozialdemokratischen Parteienfamilie wegen per Du, sie kennen sich seit Langem. Im Umfeld ist von persönlicher Sympathie die Rede. Die deutsch-spanischen Beziehungen sind auch traditionell recht gut - was aus deutscher Sicht nicht zuletzt heißt: weitgehend unkompliziert. "Deutschland und Spanien sind enge Freunde", sagt Scholz. "Ein souveränes Europa und eine wertebasierte internationale Ordnung, das verbindet uns." Man wolle alles dafür tun, gemeinsam dafür zu arbeiten, die Souveränität Europas erhalten zu können. Scholz freut sich, "dass wir immer auf Spanien dabei zählen können."
Bloß nicht im "Süd-Block" untergehen
Nur: so viel Vertrauen ist zwar schön, aber die Selbstverständlichkeit bedeutet aus spanischer Sicht auch: Man wird gerne übersehen. Noch dazu im Schatten Frankreichs und Italiens. Dass sich die Regierung Sanchez zum Beispiel beim Thema Schuldenregeln nicht klar auf die Seite Frankreich und Italien geschlagen hat, obwohl Spanien grundsätzlich für mehr Spielraum ist, hat auch damit zu tun: bloß nicht im "Süd-Block" untergehen.
Spanien will Verantwortung übernehmen, in der EU, in der Welt. Gerne profiliert man sich - als spontaner Ausweichstandort für den Weltklimagipfel, als EU-Hub für afghanische Flüchtlinge, als Gastgeber für den NATO-Gipfel.
Natürlich geht es dabei auch um die Wirkung nach innen - genau wie beim Gaspreisdeckel, den Sanchez gemeinsam mit Portugal als sogenannte "Iberische Lösung" schon im Frühjahr für die eigenen Verbraucherinnen und Verbraucher durchgesetzt hat. Dass der jetzt auch in Deutschland kommt, ist gut fürs spanische Ego.
Auf gleicher Wellenlänge
Aber in vielen Dingen sind Spanien und Deutschland tatsächlich ohnehin auf gleicher Wellenlänge. Scholz sagt: "Dazu gehören natürlich neben all den notwendigen Anstrengungen für eine multilaterale Ordnung auch die Aktivitäten, die wir jetzt unternehmen müssen, für wirtschaftlichen Aufschwung in der Welt, für den Klimaschutz und auch für die Sicherheitspolitik, insbesondere die Europas."
Sanchez betont: "Wir brauchen Antworten auf die Frage der Klimakrise, und wir müssen die mittelfristige finanzielle Stabilität im Blick behalten."
Eine gute Grundlage, um die Beziehungen weiter auszubauen, meinten beide beim Antrittsbesuch von Scholz - und kündigten an, dass es nach acht Jahren Pause wieder Regierungskonsultationen geben soll. Für Spaniens Ministerpräsident Sanchez war schon das ein großer Erfolg. Natürlich ist durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine das Thema Sicherheitspolitik in den Vordergrund gerückt. Bei allem wird es für Sanchez aber auch darum gehen, über die Beziehung zu Deutschland die Rolle Spaniens in der EU weiter zu stärken.