Migration Was das neue EU-Asylgesetz bringt
Mit dem endgültig besiegelten Asylgesetz will die EU Zuwanderung steuern und begrenzen. Welche Regeln gelten nun? Und ist der jahrelange Streit zwischen den Staaten damit gelöst? Antworten auf wichtige Fragen.
Was ändert sich?
Die beschlossenen Rechtsakte sollen Asylverfahren beschleunigen und Abschiebungen erleichtern. Künftig werden Ankommende an den EU-Außengrenzen mit Fingerabdrücken und Fotos registriert. Stammen sie aus einem Land mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent, müssen sie ins Schnellverfahren. Das gilt auch für Menschen, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten. Beide Gruppen müssen bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern warten, bis über ihren Asylantrag entschieden ist.
Um Länder an den EU-Außengrenzen wie Italien oder Griechenland zu entlasten, wird ein Solidaritätsmechanismus eingerichtet. Demnach sollen jährlich mindestens 30.000 Migranten auf andere Mitgliedsstaaten verteilt werden. Regierungen, die sich weigern, müssen zahlen. Abgelehnte Asylbewerberinnen und -bewerber sollen schnell in ihre Herkunftsländer oder in von der EU als sicher eingestufte Drittstaaten abgeschoben werden.
Was sagen Kritiker?
Aktivistinnen und Aktivisten stören sich daran, dass zwar unbegleitete Minderjährige von den Schnellverfahren ausgenommen werden, Familien mit kleinen Kindern aber nicht. Damit konnte sich die Bundesregierung nicht gegen die anderen EU-Staaten durchsetzen.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren außerdem den geplanten Krisenmechanismus: Wenn besonders viele Menschen kommen, kann die Regierung des betreffenden EU-Staates den Kreis derer vergrößern, die ins Schnellverfahren kommen und sie länger unter haftähnlichen Bedingungen festhalten. Abgeordnete rechtspopulistischer Parteien behaupten dagegen, dass die Reform dazu diene, immer mehr Migranten auf Europa zu verteilen.
Werden weniger Menschen nach Deutschland kommen?
Zunächst nicht. Denn noch sind praktische Einzelheiten unklar und die Regelungen nicht umgesetzt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will sich dafür einsetzen, dass es schnell geht.
Auf längere Sicht könnte die Zahl der Geflüchteten in Deutschland sinken - weil Menschen mit geringen Anerkennungschancen nicht in die EU gelangen, sondern schon an den Außengrenzen abgewiesen werden. Und weil sich andere wegen der verschärften Regeln gar nicht erst auf den Weg machen. Befürworter der Asylreform setzen erklärtermaßen auch auf deren abschreckende Wirkung.
Wann folgt nun die Umsetzung?
Es wird bis zu zwei Jahre dauern, bis die EU-Staaten die Reform umgesetzt haben. Bis dahin müssen sie viele praktische Fragen klären: Wo werden Asylzentren an den EU-Außengrenzen gebaut, wie sehen sie aus, welche Staaten schicken Fachleute, die Daten der Ankommenden aufnehmen und über deren Anträge entscheiden?
Auch gibt es noch keine Liste von als sicher eingestuften Drittstaaten. Um abgelehnte Bewerberinnen und Bewerber schneller abschieben zu können, braucht es mehr Abkommen mit Herkunfts- und Transitländern. Bisher hat die EU entsprechende Vereinbarungen zum Beispiel mit Tunesien, Ägypten und Mauretanien getroffen.
Ist der EU-interne Streit damit ausgeräumt?
In der Parlamentsdebatte war Erleichterung und Hoffnung zu spüren, dass die Reform den jahrelangen Streit in der Europäischen Union beendet, der dazu führte, dass Hunderttausende unregistriert einreisten. Aber obwohl die Mitgliedsstaaten die Änderungen schon im vergangenen Sommer mehrheitlich beschlossen haben, gibt es aus ihren Reihen Kritik.
Ungarns Regierungschef Viktor Orban hatte nach dem Parlamentsbeschluss im April bekräftigt, sein Land werde sich nicht am geplanten Solidaritätsmechanismus beteiligen. Ähnlich äußerte sich Polens Ministerpräsident Donald Tusk. Die von ihm geführte Regierung steht zwar anders als die rechtspopulistische Vorgängerregierung von der PiS grundsätzlich zu Europa. Mit Blick auf die Asylreform aber bleibt Warschau hart. Die EU-Kommission kann beiden Staaten Gelder kürzen, wenn sie sich weigern, die Reform umzusetzen.