Sitzung der Außenminister Kann die EU den Iran unter Druck setzen?
Die EU-Außenminister schalten sich außerplanmäßig per Video zusammen, um über eine Reaktion auf den Angriff des Iran auf Israel zu beraten. Bislang gegen das Land verhängte Sanktionen entfalten nicht die erhoffte Wirkung.
Es kommt nicht oft vor, dass Europas Außenminister zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengerufen werden. Die Minister treffen sich ohnehin mindestens einmal im Monat, für die meisten Krisen und Konflikte reicht das aus. Als in der Nacht zum Sonntag Israel vom Iran angriffen wurde, zögerte EU-Chefdiplomat Josep Borrell nicht lange. Er wusste, dass in Europas Hauptstädten die gleiche Frage die Runde machen würde: Wie kann man jetzt einen Flächenbrand in der Region verhindern?
"Das iranische Regime hat eine ganze Region an den Rand eines Abgrundes geführt, weil erstmalig direkt vom Iran diese direkten Angriffe ausgegangen sind", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im ARD-Brennpunkt. Bei ihrem französischen Kollegen Stéphane Séjourné hörte sich das ganz ähnlich an: Nichts sei jetzt wichtiger als zu deeskalieren und die Region zu befrieden.
Frieden in der Region oder zumindest kein neuer regionaler Krieg, dazu wollen die Europäer beitragen. Mit zwei Stoßrichtungen: Israel soll nach dem militärischen Erfolg bei der Abwehr fast aller iranischen Raketen möglichst von massiven Vergeltungsschlägen abgehalten werden. Auf der anderen Seite soll der Iran bestraft werden. Das habe Priorität, fordert Frankreichs Außenminister Séjourné. Die EU müsse eine klare Botschaft an den Iran senden.
Fülle an Sanktionen verpufft oder verfehlt Ziel
Eine klare Botschaft, das könnten neue Sanktionen sein. Einfach wird das nicht, der Iran ist schon jetzt das Land, gegen das weltweit mit die meisten Sanktionen verhängt wurden. Auch von den Europäern. Da bleibe nicht mehr viel, darauf wies Kommissionssprecher Peter Stano die Außenminister vor ihrer Dringlichkeitssitzung hin: "Wenn man sich die Sanktionen anschaut, dann sind das schon eine Menge." Stano zählt sie auf: Ausfuhrverbote aus Europa für ganze Wirtschaftszweige, darunter Industrieanlagen und Hightech-Produkte für den Bau von Waffen.
Die USA haben deutlich mehr Wirtschaftssanktionen verhängt, aber die Bilanz fällt ernüchternd aus. Das Mullah-Regime ist stabil an der Macht, während die Bevölkerung verarmt. Es sind die Menschen, die am meisten unter den Sanktionen leiden, während das Regime sich über Schmuggel und Schwarzmarkt bereichert, auch an den Öl-Exporten, die inzwischen nach China gehen.
Terror der Revolutionsgarden hält an
Die Europäer haben deshalb nach der brutalen Unterdrückung der Frauen-Proteste gezielt die Verantwortlichen ins Visier genommen. Mitgliedern der berüchtigten Revolutionsgarden wurden ihre Konten in der EU gesperrt. Die Erfolge aber sind überschaubar, der Terror gegen die iranische Opposition hält unvermindert an.
Auch bei der Dringlichkeitssitzung werden die Außenminister sich bei neuen Verboten, zum Beispiel von Geschäftsbeziehungen mit dem Iran, immer fragen müssen, ob damit der Bevölkerung mehr Schaden zugefügt wird, als dem Regime in Teheran.