Für Verteidigung der Ukraine EU gibt Erlöse aus russischem Vermögen frei
Im Frühjahr hatte sich die EU darauf geeinigt, jetzt fließt das Geld: 1,5 Milliarden Euro aus Zinserlösen von eingefrorenem russischen Staatsvermögen sollen der Ukraine für Verteidigung und Wiederaufbau zugutekommen.
Die Europäische Union gibt erstmals Zinserträge aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten an die Ukraine frei. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte eine Überweisung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro an.
"Es gibt kein besseres Symbol oder keine bessere Verwendung für das Geld des Kremls, als die Ukraine und ganz Europa zu einem sichereren Ort zum Leben zu machen", schrieb sie auf der Plattform X.
Freude aus der Ukraine, Kritik aus Russland
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal begrüßt die erste Überweisung durch die EU. Dies sei ein bedeutender Beitrag zur Verteidigung und zum Wiederaufbau der Ukraine, schrieb er auf X.
Russland will nach Angaben aus dem Kreml auf die Weitergabe der Erlöse seines in der EU eingefrorenen Vermögens an die Ukraine reagieren. Es werde keine sofortige Antwort erfolgen. Russland werde seine nächsten Schritte überdenken, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Aber natürlich werden solche Schritte der Europäischen Kommission nicht ohne Antwort bleiben." Bereits beim Beschluss im Mai bezeichnete der Kreml die Pläne als "Enteignung".
Großteil für Ausrüstung und Ausbildung
Das Geld, um das es geht, sind Zinserträge aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank in der EU. Das Vermögen war als Strafmaßnahme gegen Russland wegen dessen Angriffskrieges gegen die Ukraine eingefroren worden. Nach Kommissionsangaben sind rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank in der EU eingefroren. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 daraus rund 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen zu haben. Die Erlöse für die Ukraine zu nutzen, war bereits im Frühjahr von der EU grundsätzlich beschlossen worden.
Geplant ist, dass 90 Prozent der nutzbaren Zinserträge aus der Verwahrung russischer Zentralbank-Gelder in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung geleitet werden sollen. Die restlichen zehn Prozent sollen für direkte Finanzhilfen für die Ukraine genutzt werden.
Das Geld fließt nun über die Europäische Friedensfazilität und die Ukraine-Fazilität, zwei sogenannte Finanzierungsmechanismen der EU. Darüber können den EU-Mitgliedstaaten Ausgaben für die militärische Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine erstattet und gemeinsame Bestellungen bezahlt werden.
Kein Enteignungsbeschluss geplant
Die russischen Zentralbank-Gelder durch einen Enteignungsbeschluss direkt zu nutzen, ist bislang nicht geplant. Als ein Grund dafür gelten rechtliche Bedenken und wahrscheinliche Vergeltungsmaßnahmen. Moskau hatte die EU bereits im vergangenen Jahr davor gewarnt, das Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger zu konfiszieren.
Denkbar wäre es beispielsweise, dass dann auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern zwangsenteignet werden. Zudem könnte eine direkte Nutzung der russischen Vermögenswerte auch dazu führen, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzplatz verlieren und Vermögen aus der EU abziehen.