Frankreichs Schulden wachsen In einer Liga mit Griechenland und Italien
Frankreich bekommt seine Haushaltsprobleme nicht in den Griff. Das Haushaltsdefizit steigt auf 5,5 Prozent, die Staatsschulden auf rund 111 Prozent. Damit nimmt das Land in der EU einen Spitzenplatz ein. Was also tun?
Für Pierre Moscovici, den Chef des französischen Rechnungshofes, ist es 5 nach 12. Seit Monaten läutet er die Alarmglocke: Die hohen Schulden Frankreichs drohten das Land zu lähmen. Nun hat die Regierung es schwarz auf weiß. Das Haushaltsdefizit steigt auf 5,5 Prozent, die Staatsverschuldung auf fast 111 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Damit ist Frankreich nach Griechenland und Italien das am höchsten verschuldete Land der EU. Am Morgen warnte Moscovici deshalb im Radiosender France Inter vor den Konsequenzen und fragte, wie Frankreich mit dieser Schuldenlast in die Zukunft investieren solle - in den ökologischen und digitalen Wandel, in Erziehung, Innovation und Forschung. Und nicht zuletzt in die Verteidigung: "Wie sollen wir die Hilfen für die Ukraine finanzieren, wenn wir so hoch verschuldet sind?"
Der Handlungsspielraum Frankreichs, so Moscovici, drohe dramatisch zu schwinden. Alleine dieses Jahr zahlt das Land 57 Milliarden Euro an Zinsen. Die Last hat sich seit 2021 mehr als verdreifacht.
Frankreich stehe mit dem Rücken zur Wand und müsse jetzt klug handeln, forderte der Rechnungshofchef, müsse das Defizit und die Schulden senken, ohne das Wachstum zu gefährden.
Steuern erhöhen?
Während Moscovici gezielte Steuererhöhungen nicht ganz ausschließen mag und die Opposition verlangt, große Unternehmen oder Superreiche stärken zu besteuern, lehnt Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno le Maire das kategorisch ab.
Im Fernsehsender RTL wiederholte er am Morgen, er sei "absolut gegen Steuererhöhungen für unsere Landsleute". Le Maire setzt vielmehr auf Ausgabenkürzungen. Ein Sparpaket von zehn Milliarden Euro hat er bereits geschnürt. Es sieht weniger Ausgaben für Entwicklungshilfe vor, Budgetkürzungen bei der Förderung von ökologischen Gebäudesanierungen und weniger Beihilfen für Weiterbildung. Als nächstes sollen weitere 20 Milliarden Euro gestrichen werden.
Der Rechnungshof veranschlagt 50 Milliarden Euro an Einsparungen, um das erklärte Ziel zu erreichen und im Jahr 2027 wieder die von der EU vorgegebene Defizitgrenze von drei Prozent einzuhalten. Finanzminister le Maire fordert eine breite gesellschaftliche Debatte: "Wir müssen endlich entscheiden, welche Staatsausgaben gut sind und welche nicht. Was fördert Innovation, Investition und Wachstum, Vollbeschäftigung? Und was kann gekürzt werden, ohne die Entwicklung unsere Landes zu gefährden?"
Hohe Ausgaben
Generell hat der französische Staat deutlich höhere Ausgaben als all seine europäischen Partner. Sie machen 56 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Deshalb bringt der Minister etwa eine Reform der Arbeitslosenversicherung ins Spiel - mehr Anreize, weniger Hilfe. Ein Vorschlag, mit dem er sich nicht gerade beliebt macht.
Le Maire ist nun sieben Jahre im Amt. Hat sein Haus schlecht gewirtschaftet? Der Minister wiegelt ab. Das Wachstum sei "ungefähr" auf dem Niveau, das er vorhergesagt habe, bei nicht ganz einem Prozent. Das sei "vergleichsweise gut".
Das Problem liege auf der Einnahmenseite: "Wir haben vielleicht etwas unterschätzt, dass die Inflation so rasch sinkt. So haben wir weniger Einnahmen bei der Mehrwertsteuer, weniger Einnahmen aus der Masse der Gehälter, weniger Abschöpfungen bei den Unternehmen. Insgesamt beläuft sich das alles auf 21 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen."
Für die Regierung und Präsident Emmanuel Macron ist die Entwicklung der Staatsfinanzen nicht nur ein großes Problem, sondern auch peinlich. Denn an den Wirtschaftsdaten hat sich Macron immer messen lassen wollen.