Kein Gas für Polen und Bulgarien Russland droht mit weiteren Lieferstopps
Russland droht, auch weitere Staaten nicht mehr mit Gas zu beliefern, wenn sie nicht in Rubel bezahlen. Doch wer direkt in Rubel bezahle, verstoße gegen EU-Sanktionen, stellte EU-Kommissionschefin von der Leyen klar.
Russland hat nach dem Gaslieferstopp für Polen und Bulgarien auch anderen Ländern mit ähnlichen Schritten gedroht, sollten sie ihre Gaslieferungen beim Staatskonzern Gazprom nicht in Rubel bezahlen. Ein entsprechendes Dekret von Präsident Wladimir Putin werde umgesetzt, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Putin hatte im März angewiesen, dass "unfreundliche Staaten", darunter alle EU-Mitglieder, für russisches Gas nur noch in Rubel bezahlen sollen.
Peskow wies Vorwürfe von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zurück, es handele sich um ein "Erpressungsinstrument". Russland verlange lediglich, dass die Kunden Konten bei der Gazprombank eröffnen, um die Zahlungen abzuwickeln. Demnach könnten sie dort wie bisher weiter in Euro oder Dollar einzahlen, die Bank konvertiere den Betrag und überweise die Rubel an Gazprom. Es gebe keinerlei Mehrbelastungen, sagte Peskow, auch nicht durch Wechselkurse.
Den Lieferstopp an Polen und Bulgarien hatte Gazprom damit begründet, dass beide ihre Zahlungen nicht rechtzeitig in Rubel geleistet hätten. Die beiden Länder wiesen das zurück und betonen, dass sie ihren Vertragspflichten nachgekommen seien.
EU-Länder sollen sich kurzfristig aushelfen
Die EU arbeitet unterdessen laut von der Leyen daran, europäische Verbraucher vor den Folgen des Lieferstopps zu schützen. "Wir werden sicherstellen, dass die Entscheidung von Gazprom die geringstmögliche Auswirkung auf europäische Verbraucher hat", sagte von der Leyen. "Polen und Bulgarien erhalten nun Gas von ihren EU-Nachbarn."
Die EU-Länder sollten verstärkt zusammenarbeiten, um sich kurzfristig aushelfen zu können. "Das wird jegliche Folgen möglicher Gasunterbrechungen abfedern", sagte von der Leyen weiter. Die EU-Energieminister würden sobald wie möglich zu einem Sondertreffen zusammenkommen.
Alternative Lieferanten in Sicht
Gleichzeitig arbeite die Kommission mit den EU-Ländern an alternativen Lieferungen. "Es ist für uns keine Überraschung, dass der Kreml versucht, fossile Brennstoffe zu benutzen, um uns zu erpressen." Russlands Schritt sei eine weitere Erinnerung, dass die EU energieunabhängig werden müsse, sagte die Kommissionschefin. Die EU habe bereits ein Abkommen mit den USA über zusätzliche Lieferungen von Flüssiggas (LNG) in diesem und in kommenden Jahren geschlossen. Außerdem werde die Kommission Mitte Mai Pläne präsentieren, um die Energiewende zu beschleunigen.
Von der Leyen: Zahlung in Rubel wäre Sanktionsverstoß
Von der Leyen stellte klar, dass es gegen EU-Sanktionen verstoße, Gaslieferungen in Rubel zu zahlen, wenn dies nicht im Vertrag vorgesehen sei. Beteiligte Unternehmen müssten in diesem Fall mit Konsequenzen rechnen. Etwa 97 Prozent der Verträge in der EU sähen explizit Zahlungen in Euro oder Dollar vor. "Die Forderung der russischen Seite, in Rubel zu zahlen, ist eine einseitige Entscheidung und entspricht nicht den Verträgen", sagte von der Leyen.
Erlaubt sei aber, wie von Moskau gefordert, für das Bezahlen von Gas ein Konto bei der russischen Gazprombank zu eröffnen, hatte die Kommission zuvor erklärt. Unternehmen könnten so zudem ein klares Statement abgeben, dass mit der Zahlung an die Gazprombank ihre vertraglichen Pflichten erfüllt wurden - und nicht erst nach der Umwandlung in Rubel.
Polen sieht sich vorbereitet
Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte den Lieferstopp als "direkten Angriff" auf sein Land bezeichnet. "Diesmal hat Russland die Grenze des Imperialismus, des Gasimperialismus, noch einen Schritt weiter verschoben", sagte Morawiecki im Parlament in Warschau. Russland wolle sich mit dem Schritt dafür rächen, dass Polen eine Reihe von Oligarchen und Unternehmen mit Sanktionen belegt habe, darunter auch den Staatskonzern Gazprom. Polen habe genug Gasvorräte. Die Energieversorgung sei gesichert
Die polnische Regierung hatte diese Woche bestätigt, dass sie die ukrainische Armee mit Panzern beliefert. Außerdem ist das Land ein wichtiger Transitstaat für Waffenlieferungen aus den USA und anderen westlichen Ländern in die Ukraine.
Bulgarien spricht von Erpressung
Bulgariens Premierminister Kiril Petkov sprach ebenfalls von Erpressung. Russland missbrauche Erdgas als politische und wirtschaftliche Waffe. Nach Angaben von Energieminister Aleksandar Nikolow ist die Gasversorgung des Landes für mindestens einen Monat gesichert. Griechenland bot bereits seine Hilfe an, ein Anschluss an das Gasnetz des Nachbarlandes soll im Juni fertig sein.