Ausschusssitzung des georgischen Parlaments in Tiflis. (Archivfoto: 27.05.2024)

Kontrolle von Medien und NGOs Veto überstimmt - Georgien segnet "Agentengesetz" ab

Stand: 28.05.2024 17:43 Uhr

Georgiens Gesetz zur Kontrolle der Zivilgesellschaft kann in Kraft treten: Trotz aller Warnungen aus den USA und der EU überstimmte eine Mehrheit im Parlament ein Veto der Präsidentin. Erneut protestierten Tausende in Tiflis.

Trotz wochenlanger Massenproteste hat das Parlament von Georgien endgültig ein Gesetz zur schärferen Kontrolle der Zivilgesellschaft verabschiedet. Für das Gesetz votierten ungeachtet der Kritik von EU und USA 84 der insgesamt 150 Abgeordnete.

Damit überstimmte das Parlament auch ein Veto der proeuropäischen Präsidentin Salome Surabischwili. Für die Zurückweisung des Vetos reicht eine einfache Mehrheit aus.

Opposition: "Gedankenlose Politik"

Die Regierungspartei "Georgischer Traum", die im Parlament die Mehrheit hält, verschärft damit die Rechenschaftspflicht von Nichtregierungsorganisationen und Medien, die mehr als 20 Prozent ihres Geldes aus dem Ausland erhalten. Sie begründet dies mit höherer Transparenz.

Auch heute war die Debatte im Parlament wieder von heftigen Vorwürfen von Regierung und Opposition geprägt. Die oppositionelle Abgeordnete Anna Zitlidse warf der politischen Führung eine "gedankenlose Politik" vor, die den Weg Georgiens in die EU versperre und dem Land viele Probleme bereiten werde.

Parlamentschef Schalwa Papuaschwili wiederum beschuldigte die oppositionellen Abgeordneten, nicht im nationalen Interesse, sondern im Interesse anderer Länder zu agieren. "Das ist offener Verrat."

Kritiker sehen Parallelen zu Russland

Vor dem Parlament fanden sich nach Angaben eines Reporters der Nachrichtenagentur dpa erneut Tausende Menschen ein, um gegen das Gesetz zu protestieren. Die Polizei war ebenfalls mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Demonstranten beschimpften Vertreter des "Georgischen Traums" als "Sklaven", "Verräter" und "Russen". 

Die "russisches Gesetz" getaufte Regelung ist nach ihrer Ansicht dazu gedacht, kritische Organisationen mundtot zu machen. Sie sehen Parallelen zu dem in Russland erlassenen Gesetz gegen sogenannte ausländische Agenten. Dies wird vom Kreml seit Jahren dazu eingesetzt, die Opposition und unabhängige Medien zu unterdrücken.

Frank Aischmann, ARD Moskau, tagesschau, 28.05.2024 18:01 Uhr