Fake-News über Krieg in Israel EU fordert von Online-Dienst X härteres Durchgreifen
In einem Brief an Elon Musk drängt EU-Kommissar Breton auf ein strikteres Vorgehen gegen illegale Inhalte beim Kurznachrichtendienst X. So sollen Bilder zu den Angriffen auf Israel kursieren, die aus Videospielen stammen.
Die Angriffe auf Israel sind auch in sozialen Netzwerken Thema - allerdings werden in den Portalen auch falsche Informationen über die Angriffe verbreitet. Genau wegen dieses Vorwurfs nimmt die EU nun die Plattform X, ehemals Twitter, in die Kritik.
Am Dienstagabend veröffentlichte Thierry Breton, als EU-Kommissar zuständig für die Bereiche Binnenmarkt und Dienstleistungen, ein Schreiben beim Onlinedienst X - gerichtet an den Eigentümer der Plattform, US-Milliardär Elon Musk. Darin prangerte Breton an, dass der Kurzmitteilungsdienst genutzt werde, um "illegale Inhalte und Desinformationen" in Bezug auf den Krieg gegen Israel in der EU zu verbreiten.
Im weiteren Verlauf des Schreibens wurde Breton in seiner Ausdrucksweise deutlich schärfer und prangerte "gewalttätige und terroristische Inhalte" an, die bei X "zu kursieren scheinen". Breton führte beispielsweise Bilder an, die dem Kriegsgeschehen zugeordnet würden, ursprünglich jedoch aus Videospielen stammen sollen.
Bilder sollen Ausschnitt aus Computerspiel zeigen
Auch ARD-Korrespondent Nils Dampz berichtet von Falschinformationen dieser Art: Etwa von als "Eilmeldung" ausgewiesenen Beiträgen, die jedoch einen Ausschnitt des Computerspiels "Arma3" zeigen sollen. Ebenso sei am Wochenende ein Video von mehreren Accounts gepostet worden, das angeblich brennende Häuser zeige, kombiniert mit einem Israel-kritischen Text. Allerdings zeige das Video in Wirklichkeit drei Jahre alte Bilder aus Algerien.
EU hatte Vorschriften für Internetriesen verschärft
Breton forderte Musk auf, gegen Falschinformationen dieser Art strikter vorzugehen und betonte die Verpflichtung für Betreiber sozialer Netzwerke, illegale und manipulierte Inhalte zu löschen.
In diesem Zusammenhang verwies der EU-Kommissar auch auf den Digital Service Act, der Ende August in Kraft getreten war. Die darin enthaltenen Regelungen weisen Betreiber von großen Internetportalen wie X, aber auch Facebook, Apple, Amazon, Google oder TikTok an, stärker gegen Hass, Hetze und Fake-News vorzugehen. Dafür wurde etwa die Pflicht eingeführt, dass Nutzerinnen und Nutzer der Dienste die Möglichkeit erhalten, mutmaßlich illegale Inhalte zu melden.
Musk gibt sich unwissend
Am Ende seines Schreibens forderte Breton Musk auf, innerhalb von 24 Stunden zu den erhobenen Vorwürfen und Forderungen Stellung zu beziehen. Und Musks Antwort kam: Er forderte den EU-Kommissar auf, die Verstöße aufzulisten, "damit die Öffentlichkeit sie sehen kann".
Und auch auf Bretons Erwiderung, Musk sei sehr wohl bewusst, dass "Falschinformationen und die Verherrlichung von Gewalt" verbreitet würden, fragte der X-Eigentümer, von welchen Inhalten denn die Rede sei.
Musk selbst war nach Beginn der Angriffe gegen Israel bereits in die Kritik geraten, weil er auf seinem eigenen X-Profil zwei Accounts empfohlen hatte, um sich über das Kriegsgeschehen zu informieren, wie Nils Dampz weiter berichtet. Diese beiden Accounts seien jedoch bekannt dafür, antisemitische und oder falsche Informationen zu verbreiten.
X: Bereits gegen Zehntausende Beiträge vorgegangen
Vor rund einem Jahr hatte Musk den Kurznachrichtendienst Twitter übernommen und ihn später in "X" umbenannt. Die Übernahme ging mit einem massiven Stellenabbau in dem Unternehmen einher - und mit der Kritik, dass auch in den für die Sicherheit auf der Plattform zuständigen Ressorts kräftig gekürzt wurde. Mittlerweile würden diese Konzernbereiche aber wieder aufgestockt, wie die von Musk eingesetzte Chefin von X, Lind Yaccarino, mitteilte.
Auf dem konzerneigenen Account, der über Maßnahmen informiert, mit denen für Sicherheit und Transparenz auf X gesorgt werden soll, teilten die Betreiber des Online-Dienstes mit, dass "Eskalationsteams" bereits gegen Zehntausende von Beiträgen vorgegangen seien, die unter anderem gewalttätige Äußerungen enthielten oder zu hasserfülltem Verhalten aufgerufen hätten. Zudem seien neu eingerichtete Accounts von Nutzerinnen und Nutzern, die mutmaßlich der radikalislamischen Hamas nahestehen, gelöscht worden.
Antidiskriminierungsbeauftragte will X verlassen
Auch in Deutschland war der Kurznachrichtendienst wegen des Vorwurfs in die Kritik geraten, nicht genug gegen Beiträge vorzugehen, die gegen geltende Richtlinien verstoßen. Die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, gab nun bekannt, aus diesen Gründen die Plattform verlassen zu wollen. Über die Antidiskriminierungsstelle (ADS) prangerte sie einen "enormen Anstieg von Trans- und Queerfeindlichkeit, Rassismus, Misogynie, Antisemitismus und anderen menschenfeindlichen Inhalten" an.
Desweiteren warf Ataman die Frage auf, ob öffentliche Stellen noch X-Accounts betreiben sollten. Damit zielte sie auf öffentliche Behörden, Ministerien und auch die Bundesregierung, die sich fragen sollten, "ob es weiterhin tragbar ist, auf einer Plattform zu bleiben, die zu einem Desinformations-Netzwerk geworden ist und dessen Eigentümer antisemitische, rassistische und populistische Inhalte verbreitet".
Die Bundesregierung hatte im August erklärt, weiterhin bei dem Online-Dienst vertreten zu bleiben. X sei nach wie vor "ein wichtiges Kommunikationsmedium", betonte damals eine Sprecherin der Bundesregierung und verwies auf den Informationsauftrag der Bundesregierung und des Bundespresseamtes.
Mit Informationen von Nils Dampz, ARD Los Angeles