Angriff auf Israel Zahlreiche Falschmeldungen kursieren im Netz
Nach dem Angriff der Hamas auf Israel werden Bilder und Videos der vermeintlichen Geschehnisse verbreitet. Viele von ihnen sind falsch oder in einem anderen Kontext entstanden. Eine Rolle dabei spielt auch Elon Musk.
"Hamas-Kämpfer schossen in Gaza, Palästina, einen israelischen Kampfhubschrauber ab", steht über einem auf dem Kurzmitteilungsdienst X (früher: Twitter) verbreiteten Video. Dort zu sehen ist ein bewaffneter Mann, der mehrere Flugabwehrraketen in Richtung eines in der Luft fliegenden Helikopters abfeuert und diesen schließlich trifft, so dass er explodiert. Allerdings handelt es sich dabei nicht wie behauptet um ein Video, das in Gaza aufgenommen wurde, sondern um eine Szene aus dem Videospiel "Arma 3".
Dasselbe gilt für ein ebenfalls verbreitetes Video, das angeblich den Raketenbeschuss von israelischen Flugzeugen zeigen soll. Auch hierbei handelt es sich um eine Sequenz aus dem Videospiel.
Meisterschaftsfeier statt Raketenangriff
Doch auch reale Videos werden fälschlicherweise im Zusammenhang mit den Angriffen der militant-islamistischen Hamas geteilt. Eines soll angeblich die Evakuierung eines israelischen Luftwaffenstützpunktes zeigen. So sind Kampfjets zu sehen, die auf Lkw weggefahren werden.
Eine Bilderrückwärtssuche anhand eines Screenshots macht jedoch klar: Das Video wurde unter anderem auf YouTube und X bereits am 15. September hochgeladen, also deutlich vor den Angriffen. Dazu heißt es: "Zwei F-16 Kampfjets, die mit einem Bodentransporter transportiert wurden, wurden im Süden Israels gesichtet."
In einem weiteren Video sind viele Hochhäuser zu sehen, dazu Rauch und rote Lichter. Auch mehrere Knallgeräusche sind zu vernehmen. Dazu schreibt ein User: "Apokalypse! Mehr Material von den Angriffen auf Gaza." Das Video wurde in Wahrheit jedoch in Algerien aufgenommen, und zwar Mitte Juli. Es zeigt die Meisterschaftsfeier der Fans von dem Fußballverein CR Belouizdad in der Hauptstadt Algier.
Video von Kindern in Käfigen
Auf TikTok wurde ein Video verbreitet, das zeigt, wie kleine Kinder in Käfigen festgehalten werden. Dazu wurde geschrieben, dass es sich um israelische Kinder handele, die von der militant-islamistischen Hamas entführt worden seien. Auch dieses Video wurde erstmals bereits vor dem Angriff hochgeladen, so dass der behauptete Zusammenhang nicht stimmen kann. Wo und wann es aufgenommen wurde, lässt sich hingegen nicht eindeutig verifizieren.
Doch nicht nur Videos werden verbreitet, auch ein angeblicher Post einer israelischen Zeitung über den Gesundheitszustand des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu machte die Runde. Darin hieß es, Netanyahu sei in ein Krankenhaus gebracht worden. Allerdings handelte es sich bei dem Account nicht um den echten Account der Zeitung "Jerusalem Post", die Nachricht war falsch.
Welche Rolle spielt Musk?
Dass sich besonders auf dem Kurzmitteilungsdienst X so viele falsche Behauptungen rund um den Angriff auf Israel verbreitet haben, hat nach Ansicht von Experten auch mit dem Besitzer der Plattform, Elon Musk, zu tun. Dieser empfahl unter anderem zwei Accounts, "um den Krieg in Echtzeit zu verfolgen".
Allerdings handelte es sich bei den Accounts, auf die Musk verwies, um Verbreiter von Falschmeldungen und Desinformationen, zumindest in der Vergangenheit. Zudem verbreitete einer der Accounts auch antisemitische Kommentare auf X. Erst nach zahlreichen Hinweisen von anderen Nutzern löschte Musk seine Empfehlung wieder.
Eine weitere Rolle bei der Verbreitung von Falschinformationen spielt auch, dass verifizierte Accounts auf X inzwischen käuflich sind. Dadurch wirken Accounts beispielsweise mit einem blauen Haken auf den ersten Blick seriös, auch wenn sie es nicht sind.
Der Faktencheck-Journalist Shayan Sardarizadeh von der BBC schrieb dazu auf X: "Ich überprüfe seit Jahren die Fakten auf Twitter, und bei großen Ereignissen gibt es immer eine Menge Fehlinformationen. Aber die Flut von Falschmeldungen in den vergangenen beiden Tagen, von denen viele über Twitter Blue verbreitet wurden, ist etwas anderes. Weder die Faktenchecker noch die Community Notes können da mithalten."
Prorussische Desinformation?
In prorussischen Kanälen unter anderem auf Telegram wird zudem behauptet, dass die militant-islamistische Hamas westliche Waffen nutzen würde, die sie über den Schwarzmarkt von der Ukraine gekauft hätte. Dafür gibt es jedoch keine Beweise.
Der ukrainische Militärgeheimdienst (HUR) nannte den Vorwurf "eine Kampagne zur Diskreditierung der Ukraine". Der Ukraine zufolge haben russische Geheimdienste in der Ukraine beschlagnahmte Waffen westlicher Produktion an die Hamas geliefert, um das Narrativ zu verbreiten.
Der Vorwurf, die Ukraine würde die von westlichen Partnern gelieferten Waffen heimlich weiterverkaufen, wurde seit Beginn des russischen Angriffskriegs bereits öfter verbreitet. Im Dezember teilte ein Sprecher des US-Verteidigungsministerium mit, es gebe keine verlässlichen Informationen, die darauf hindeuteten.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.