Britischer Inlandsgeheimdienst MI5 warnt vor angeblicher chinesischer Agentin
Sie soll versucht haben, Einfluss auf die britische Politik zu nehmen - im Sinne der Staatsführung Chinas: Der britische Inlandsgeheimdienst warnt Ober- und Unterhaus vor einer Anwältin, die im Regierungsviertel gut vernetzt war.
Der britische Inlandsgeheimdienst MI5 hat die Abgeordneten des britischen Parlaments vor einer mutmaßlichen Agentin Chinas gewarnt. Die Anwältin Christine Lee habe eine Vermittlerrolle bei "finanziellen Zuwendungen an politische Parteien, Parlamentarier, angehende Parlamentarier und Personen, die politische Ämter im Vereinigten Königreich in Erwägung ziehen" gespielt, heißt es in der Warnmeldung.
Die Frau baue für die Kommunistische Partei Chinas Verbindungen auf und versuche, Einfluss auf britische Politiker zu nehmen, um das politische Klima zugunsten Chinas zu beeinflussen.
Großspende an Oppositionspolitiker
Lee soll 200.000 Pfund (umgerechnet etwa 239.000 Euro) an den britischen Oppositionspolitiker Barry Gardiner gespendet haben, weitere 100.000 Pfund (umgerechnet knapp 120.000 Euro) an dessen Labour-Partei. Das Geld soll von ausländischen Staatsangehörigen aus China und Hongkong stammen. Gardiner, der inzwischen zurückgetreten ist, gab an, dass auch Lees Sohn bei ihm angestellt war und seinen Terminplan koordiniert hatte.
In Parlamentskreisen wohl gut vernetzt
Christine Lee war im Londoner Regierungsviertel wohl gut vernetzt: Ex-Premierministerin Theresa May zeichnete Lee 2019 für ihren Beitrag zu guten chinesisch-britischen Beziehungen aus, auf Veranstaltungen wurde Lee mit dem ehemaligen Labour-Chef Jeremy Corbyn oder Ex-Premierminister David Cameron fotografiert.
Sie ist Gründerin einer Anwaltskanzlei mit Büros in London und Birmingham. Im Handelsregister ist angegeben, dass sie britische Staatsbürgerin sei, auf der Website ihrer Firma wird unter anderem ihre Tätigkeit als Rechtsbeistand für die chinesische Botschaft aufgeführt.
Eine Sprecherin der chinesischen Botschaft in London wies die Vorwürfe zurück. China halte sich grundsätzlich aus ausländischen Angelegenheiten heraus und habe es nicht nötig, sich "Einfluss zu kaufen".
Lee darf das Parlament nicht betreten. Angeklagt wurde sie bisher nicht.
Bisher keine Basis für eine Anklage
Großbritanniens Innenministerin Priti Patel erklärte, bisher würden die Aktivitäten von Lee nicht ausreichen, um sie anzuklagen. Trotzdem habe man die Abgeordneten vor Lees Versuchen der Einflussnahme gewarnt. Patel erklärte, sie sei sehr besorgt, dass Personen, die für die Kommunistische Partei Chinas arbeiteten, es auf Abgeordnete abgesehen hätten.
Der konservative Abgeordnete Duncan Smith zeigte sich besorgt darüber, dass sich Lee weiter auf freiem Fuß befindet. Er könne nicht nachvollziehen, dass sie nicht festgenommen, sondern lediglich am Betreten des Parlaments gehindert werde. Als Konsequenz aus dem Vorfall forderte er eine Überarbeitung der parlamentarischen Akkreditierung.