Nach Entsendung von Soldaten Nordkorea liefert Russland offenbar auch Artillerie
Neben Tausender Soldaten soll Nordkorea nun auch schwere Artilleriegeschütze nach Russland geschickt haben. Laut einem Bericht der Financial Times will Moskau diese für eine Gegenoffensive in der russischen Region Kursk einsetzen.
Moskau setzt im Krieg gegen die Ukrainer vermehrt auf Unterstützung aus Nordkorea. Einem Medienbericht zufolge hat die Führung in Pjöngjang seinem Verbündeten Russland schwerste Artilleriegeschütze zum Kampf gegen die Ukraine zur Verfügung gestellt. So sollen in den vergangenen Wochen knapp 50 schwere Haubitzen auf Selbstfahrlafetten aus nordkoreanischer Produktion sowie knapp 20 Mehrfachraketenwerfer in Russland eingetroffen sein, wie die Zeitung Financial Times unter Berufung auf eine Einschätzung des ukrainischen Geheimdienstes berichtete.
Nordkoreas reichweitenstärkste Geschütze seien inzwischen in der Nähe von Kursk eingetroffen, um dort die russische Gegenoffensive gegen eingedrungene ukrainische Einheiten zu unterstützen. Die Haubitzen "Koksan", die vor einigen Tagen auf einem russischen Bahnhof gesichtet worden seien, haben eine Reichweite von bis zu 50 Kilometern.
Ukrainische Truppen unter Druck
Russland hat zur Gegenoffensive in der westrussischen Region Kursk nach Erkenntnissen westlicher und ukrainischer Militärexperten bereits knapp 50.000 Soldaten zusammengezogen, unter ihnen auch über 10.000 nordkoreanische Kämpfer. Diese waren zuletzt in Russland weiter ausgebildet und mit russischen Uniformen und Waffen ausgestattet worden. Bei Kursk will das russische Militär Gelände zurückerobern, das ukrainische Truppen seit dem Sommer nach einem überraschenden Vorstoß über die Grenze besetzt halten.
Die ukrainischen Streitkräfte stehen in den kommenden Tagen und Wochen vor einer gewaltigen Aufgabe. Neben der sich abzeichnenden Gegenoffensive Moskaus in Kursk müssen die ukrainischen Soldaten im Osten ihres Landes am Rande des Donbass weitere Rückschläge in Form von Gebietsverlusten hinnehmen.
Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Rund um den strategisch wichtigen Ort Kurachowe in der Region Donezk mussten sich die ukrainischen Truppen unter dem massiven Druck der russischen Armee in den vergangenen Tagen und Wochen langsam zurückziehen. Präsident Wolodymyr Selenskyj bemühte sich in einem Radiointerview, die Rückzugstaktik positiv zu beleuchten. "An der Front stehen Jungs, die müssen abgelöst werden, um sich zu erholen", sagte er. "Doch die anderen Brigaden, die nachrücken sollen, sind nicht voll ausgerüstet - sollte man sie jetzt so zum Abschlachten an die Front werfen, wie es die Russen tun?"
Beide Kriegsparteien vor Herausforderungen
Das in der US-Hauptstadt Washington ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW) hat die aktuelle Frontlage in der Ukraine analysiert und beiden Kriegsparteien schlechte Positionen bescheinigt. Seit Jahresbeginn sei die russische Armee in der Ostukraine nur knapp 40 Kilometer vorgerückt, und das zu hohen Kosten an Soldaten und Material, sagte ISW-Analyst George Barros dem US-Sender CNN. Moskau habe nach Berechnungen seines Instituts bei Pokrowsk ungefähr den Gegenwert von fünf gepanzerten Divisionen verloren, also Hunderte von Panzern und Schützenpanzern. "Das ist schlicht eine wirklich schlechte Leistung."
Die erfolgreichen Vorstöße der russischen Truppen im Osten der Ukraine hätten aber Gegenangriffe der Ukrainer verhindert, sagte Barros. "Man verliert Kriege, wenn man ständig in der Defensive ist." Die Gefahr für die Ukraine sei, in einer Ecke festgenagelt zu werden und dann nur schlechte Optionen zu haben.