Landwirtschaftsmesse in Paris Macron zwischen Kühen und Krawall
Begleitet von Buhrufen und Pfiffen hat Präsident Macron die Landwirtschaftsmesse in Frankreich eröffnet. Es kam zu einem Handgemenge: Sieben Landwirte wurden vorübergehend festgenommen, ein Polizist wurde verletzt.
So hatte sich Präsident Emmanuel Macron das nicht vorgestellt: Die 60. Landwirtschaftsmesse sollte ein Wendepunkt in der seit Wochen andauernden Krise werden: reden, befrieden, nach vorne schauen. Stattdessen kam es zu einem Handgemenge zwischen Bauern und Polizisten, noch bevor die Tore des salon de l’agriculture geöffnet wurden.
Mit seinem Appell zur Ruhe, den Macron gezwungenermaßen fernab der Protestierenden in der ersten Etage des Messegebäudes vor Journalisten abgab, drang der Präsident zunächst nicht durch. "Es hilft doch Ihren Kollegen nicht, wenn Sie die Messestände kaputt machen, dann kommt doch keiner mehr", so der Präsident. "Ich rufe deshalb alle hier zur Ruhe auf, so dass die Messe friedlich ablaufen kann. Schließlich steckt hier monatelange Arbeit vieler Landwirte drin."
Boykott von Macrons Debatte
Macron hatte eine ursprünglich geplante mehrstündige Debatte zur Eröffnung des Salons absagen müssen. Dazu waren Repräsentanten aller Gewerke eingeladen, die an der Produktion, Verarbeitung und dem Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse beteiligt sind. Auch Vertreter von Umweltschutzorganisationen sollten teilnehmen. Doch weil angeblich auch die Soulevement de la terre - eine für ihre Vandalismus-Aktionen bekannte Gruppe - auf der Einladungsliste gestanden haben soll, hatten die Bauern Macrons große Debatte boykottiert.
Der Präsident war gezwungen, das Format zu ändern und sich stattdessen zu einem Krisenfrühstück mit den Repräsentanten der Bauerngewerkschaften zu treffen. Macron dementierte, dass Soulevement de la terre eingeladen war. "Niemals habe ich daran gedacht, sie einzuladen. Ich habe diese Gruppe doch sogar verbieten lassen wollen", sagte er mit Wuttränen in den Augen. "Diese Geschichte macht mich so wütend, das können sie sich gar nicht vorstellen. Ich verurteile die Gewalt dieser Gruppe. Ich bin immer für Ruhe, Bürgersinn und Respekt."
Verärgerte Landwirte rangeln mit Polizisten, als der französische Staatspräsident am Eröffnungstag der 60. Landwirtschaftsmesse durch die Landwirtschaftsausstellung führt.
Handelsketten bevorzugen billige Importe
Sichtlich angespannt trug Macron Maßnahmen vor, die er in Angriff nehmen wolle, um den Bauern in der Zukunft ein würdiges Einkommen zu sichern. Dazu gehören Tiefstpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse und ein Sonder-Budget für in finanzielle Not geratene Bauern. Anschließend diskutierte der Präsident zwei Stunden lang in abgelegenen Sitzungsräumen mit Landwirten, die ihm ihre prekäre Lage eins zu eins schilderten.
Immer wieder geht es dabei um unfaire Konkurrenz aus dem Ausland. "Unsere Äpfel verfaulen, weil die großen Handelsketten sie nicht kaufen wollen. Stattdessen importieren sie billigere aus dem Ausland", sagt ein Landwirt. "Wir tun hier alles um die Umweltstandards einzuhalten. Aber die gelten eben nicht für alle weltweit - und wir haben den Schaden."
Es ist nicht genug
Insgesamt sendeten die Landwirte widersprüchliche Signale: Einerseits erschwerten sie mit Krawall und Provokationen einen Austausch mit dem Präsidenten. Andererseits forderten sie, dass er sich ihrer Lage stellen und zuhören solle. Unterm Strich kam immer wieder der eine Vorwurf: Was die Regierung tut, ist nicht genug.
"Der Präsident hat nicht wirklich auf unsere Forderungen antworten können", sagt einer. "Wir brauchen Aufschub bei der Zahlung unserer Kredite, wir müssen für unsere Produkte besser bezahlt werden."
Käseverkostung unter Schutzmaßnahmen
Unter Pfiffen und Buhrufen konnte Präsident Macron die Messe schließlich doch noch eröffnen und von Dutzenden Einsatzkräften geschützt an den Ständen Käse, Milch und Honig kosten - und eine Botschaft an seine politischen Gegner absetzen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron probiert auf seinem Rundgang durch die Landwirtschaftsausstellung Käse am Stand eines Bauern - daneben stehen Sicherheitsleute.
"Manche hier haben einen Plan: Sie wollen mich heute ausbuhen und am Sonntag dem Chef des extrem rechten Rassemblement National den roten Teppich ausrollen", sagte Macron dabei an seine politischen Gegner gerichtet. Die französische Landwirtschaft verdiene Besseres als das "wirtschaftlich dumme Programm" derjenigen, die für den EU-Austritt stünden. "Wenn es kein Europa gibt, gibt es auch keine Landwirtschaft."
Ab Sonntag werden Vertreter aller politischen Parteien auf diesem äußerst politischen salon de l’agriculture erwartet.