EU-Ratspräsidentschaft übernommen Polen und die sieben Dimensionen von Sicherheit
"Sicherheit Europa!" Das Motto der polnischen EU-Ratspräsidentschaft macht deutlich, worum es Warschau im kommenden halben Jahr gehen wird. Sein Land werde dabei den Ton angeben, sagt Premier Tusk.
Für Polens Premierminister Donald Tusk hat die EU-Ratspräsidentschaft schon Wochen vor dem Jahreswechsel begonnen. Er hat sich mit den Staatschefs der baltischen Staaten getroffen, mit denen der skandinavischen gesprochen, mit dem französischen Präsidenten und dem CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz.
Tusk hat sich vorbereitet, denn er hat große Pläne für seine Ratspräsidentschaft, die sein Land während einer "dramatischen Situation" der Europäischen Union übernehme:
Es liegt mir sehr daran, dass Polen der Staat sein wird, der nicht nur die ganze Zeit dabei ist, sondern den Ton angibt bei den Entscheidungen, die uns Sicherheit bringen und unsere Interessen sichern sollen.
Sicherheitsfragen haben Priorität
Polen soll eine führende Kraft in der Europäischen Union sein, vor allem in Sicherheitsfragen, erklärt Tusk seit Monaten. Polens zweite EU-Ratspräsidentschaft nach 2011 ist der Moment dafür, bestätigt Polens Vize-Europaministerin Magdalena Sobkowiak-Czarnecka im Gespräch mit der ARD.
"Ich denke, die Umstände begünstigen, dass diese Präsidentschaft etwas Besonderes wird", so Sobkowiak-Czarnecka. "Weil wir die ersten mit einer neuen Kommission sind, mit einem neuen Parlament."
Damit sei eine klare Herausforderung verbunden. "Sicherheit, Europa!" ist das Motto der Präsidentschaft und um Sicherheit soll es gehen. Es gebe sieben Dimensionen von Sicherheit, sagt Sobkowiak-Czarnecka. "Natürlich ist die erste die offensichtlichste, an die wir in Zeiten des Krieges auf unserem Kontinent sofort denken: die äußere Sicherheit."
Polens Vize-Europaministerin Magdalena Sobkowiak-Czarnecka spricht im Gespräch mit der ARD von einer Ratspräsidentschaft "der neuen Ideen".
Mehr Beteiligung eingefordert
Polen versuche die Partner innerhalb der EU dazu zu bewegen, am östlichen Schild mitzuarbeiten, so Sobkowiak-Czarnecka. Damit gemeint ist die militärische Sicherung der polnischen und damit der EU- und NATO-Ostgrenze. Dort wird bereits gebaut, aber Warschau möchte, dass die anderen EU-Staaten sich beteiligen.
Auch gehe es um die Rüstungsproduktion, sagt Sobkowiak-Czarnecka weiter. Die müsse jetzt hochgefahren werden - nicht erst, wenn der nächste EU-Haushalt verhandelt sei. Denn Russland führe jetzt gerade Krieg.
Gefahr hybrider Kriegsführung
Aber Sicherheit sei mehr. Es gehe auch um die Energieversorgung, um die Wirtschaft mit der Herausforderung eines neuen US-Präsidenten Donald Trump, Nahrungsmittelversorgung und Gesundheitspolitik. Hinzu käme die interne Absicherung gegen Sabotage und Spionage und um Datensicherheit.
All das sei miteinander verbunden, so die Vize-Europaministerin. "Wenn wir über Informationssicherheit sprechen, geht es um Desinformation, die Teil hybrider Kriegsführung ist." Es liege an den Ländern der EU, stark und vorbereitet zu sein.
Wir können Sicherheit nicht nur mit den Begriffen "Verteidigung" und "Krieg" verstehen.
Zweieinhalb Veranstaltungen pro Tag
Polen unterstütze außerdem die EU-Erweiterung um die Westbalkanstaaten und auch einen EU-Beitritt der Ukraine. Wörtlich erklärte sie: "Polen ist natürlich der größte Befürworter der Ukraine. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass auch andere Länder in der Warteschlange stehen, um Teil der EU zu werden."
In Bezug auf die Ukraine sei es das Ziel Polens, das erste Verhandlungscluster mit der Ukraine zu eröffnen. Aber auch Sobkowiak-Czarnecka weiß, dass die Prozesse in der EU oft nur langsam vorangehen.
Es werde also eher eine Ratspräsidentschaft der neuen Ideen, der vielen Gespräche, sagt sie. 22 informelle Ratstreffen seien geplant, mehr als 400 Veranstaltungen - das sind im Schnitt zweieinhalb pro Tag.
Die polnische Regierung macht also weiter, wo sie angefangen hat - beim Treffen, Reden und Überzeugen.