Abstimmung beendet Russland meldet hohe Zustimmung bei "Referenden"
Die Scheinreferenden in vier russisch kontrollierten Gebieten der Ukraine sind beendet. Russische Agenturen verbreiten erste Ergebnisse: Dort ist von einer hohen Zustimmung für einen Anschluss an Russland die Rede.
In vier russisch kontrollierten Gebieten der Ukraine sind die sogenannten Referenden über einen Anschluss an Russland zu Ende gegangen, auch erste Teilergebnisse werden von russischer Seite aus bereits verbreitet: In russischen Nachrichtenagenturen heißt es, dass nach Auszählung von bis zu 20 Prozent der Stimmen 97 bis 98 Prozent der Wähler mit "Ja" gestimmt hätten. Laut russischen Angaben war die Beteiligung hoch.
In den Separatistengebieten Donezk und Luhansk im ostukrainischen Donbass sowie den südukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja hat Russland seit Freitag über eine Abspaltung von der Ukraine abstimmen lassen. Es gibt derweil eine Reihe von Berichten, wonach die Stimmabgaben unter Androhung von Gewalt und Einschüchterung stattfanden. Vertreter der Besatzungsbehörden waren von Tür zu Tür gegangen, um Stimmen einzusammeln. Beobachtern zufolge wurden sie dabei häufig von bewaffneten russischen Kräften begleitet.
Nach Angaben pro-russischer Politiker in den betreffenden Regionen könnten die Ergebnisse der "Referenden" bereits am Abend oder in den folgenden Tagen veröffentlicht werden. Danach müssen die Abgeordneten in Moskau formal für die Annexion durch Russland stimmen. Anschließend sollen die Beschlüsse dem russischen Staatschef Wladimir Putin zur Unterzeichnung vorgelegt werden.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte, nach den Abstimmungen "wird sich die Situation aus rechtlicher Sicht radikal ändern, aus Sicht des Völkerrechts, mit allen damit einhergehenden Konsequenzen für den Schutz dieser Gebiete und der Gewährleistung ihrer Sicherheit".
London: Annexion bereits am Freitag?
Das britische Verteidigungsministerium schließt nicht aus, dass Russlands Präsident Putin am Freitag formell die Aufnahme der besetzten ukrainischen Gebiete in die Russische Föderation bekanntgeben könnte. An dem Tag sei eine Ansprache Putins vor beiden Kammern des Parlaments angesetzt. Es bestehe eine "realistische Möglichkeit", dass Putin die Rede nutzen werde, um offiziell die Aufnahme zu verkünden, heißt es im täglichen Lagebericht des Ministeriums, der sich auf Erkenntnisse des britischen Militärgeheimdienstes stützt.
Ein möglicher Anschluss der vier ukrainischen Regionen an Russland infolge der "Referenden" wird vom Westen als völkerrechtswidrig verurteilt. Befürchtet wird auch eine weitere militärische Eskalation, weil ukrainische Angriffe auf diese Regionen von Russland fortan dann als Angriff auf sein Staatsgebiet gewertet werden könnten.
Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Ex-Präsident Dmitri Medwedew, betonte entsprechend erneut, dass Moskau die betreffenden Gebiete verteidigen werde - und zwar "auch mit strategischen Atomwaffen".
NATO-Generalsekretär: "Gebiete gehören zur Ukraine"
Die NATO warnte vor dem Anschluss der vier ukrainischen Gebiete: "Diese Gebiete gehören zur Ukraine", stellte Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf Twitter klar. "Die NATO-Bündnispartner unterstützen die Souveränität der Ukraine und ihr Recht auf Selbstverteidigung ohne Wenn und Aber", betonte Stoltenberg. "Die durch Russland abgehaltenen Scheinreferenden haben keine Legitimität und sind eine eklatante Verletzung internationalen Rechts", bekräftigte Stoltenberg.
Die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten (G7) hat bereits angekündigt, den Ausgang der sogenannten Referenden "niemals" anzuerkennen. Die USA kündigten eine "schnelle und ernste" Reaktion in Form weiterer Wirtschaftssanktionen gegen Russland an. Selbst China rief in der Angelegenheit dazu auf, "die territoriale Integrität aller Länder" zu achten, ohne allerdings die "Referenden" zu verurteilen.
EU will Sanktionen gegen Verantwortliche verhängen
Von der Europäischen Union hieß es, man wolle Sanktionen gegen die Verantwortlichen für die "Referenden" verhängen. Der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, Peter Stano, sagte in Brüssel, es werde "Konsequenzen für alle Personen haben, die an der Organisation dieser illegalen Referenden beteiligt sind". Diplomaten zufolge sollen die Verantwortlichen für die "Referenden" über einen Anschluss von vier ukrainischen Gebieten an Russland auf die Sanktionsliste der EU aufgenommen werden. Damit drohen ihnen Einreisesperren, zudem wird ihr Vermögen in Europa eingefroren. Die Sanktionsliste umfasst bereits mehr als 1200 Verantwortliche in Russland und Belarus.
Stano betonte, das letzte Wort bei den Sanktionen hätten die Mitgliedstaaten. Ein offizieller Vorschlag der EU-Kommission für die Sanktionsverschärfung wird ab Mittwoch erwartet. Für einen Beschluss ist Einstimmigkeit unter den Mitgliedsländern nötig. Im Gespräch ist unter anderem auch ein Preisdeckel für russisches Öl sowie ein Einfuhrstopp für russische Diamanten.