Schottland Regierungschefin Sturgeon will zurücktreten
Nach mehr als acht Jahren im Amt will die schottische Regierungschefin Sturgeon abtreten. Sie fühle, "dass die Zeit jetzt gekommen ist", sagte sie auf einer Pressekonferenz. Zuletzt hatte ihre Regierung mit Rückschlägen zu kämpfen.
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat überraschend ihren Rücktritt angekündigt. Die Chefin der Schottischen Nationalpartei (SNP) steht seit mehr als acht Jahren an der Spitze der Regierung in Edinburgh und setzt sich für die Unabhängigkeit Schottlands ein, musste aber zuletzt einige politischen Rückschläge hinnehmen.
Es sei ihr eine Ehre gewesen, als erste Frau im Amt zu regieren, sagte Sturgeon. "Es gehört zum guten Regieren dazu, zu wissen, wann es an der Zeit ist, Platz für jemand Anderen zu machen. In meinem Herzen weiß ich, dass dieser Zeitpunkt jetzt ist", sagte sie. Sie werde aber noch weiter regieren, bis ihre Nachfolge geklärt sei.
Sturgeon war seit 2014 im Amt und damit die am längsten amtierende schottische Regierungschefin. Sie gilt als eine der einflussreichsten politischen Persönlichkeiten in der Geschichte des Landes.
Körperliche und psychische Belastungen
Als Grund für ihren Rücktritt gab Sturgeon den körperlichen und psychischen Einfluss der Belastungen der Corona-Pandemie an. Sie habe mit ihrer Entscheidung gerungen, aber der Druck des Amtes sei unerbittlich gewesen und sie sei nicht nur Politikerin, sondern auch Mensch.
Die Frage, ob der Job für sie der richtige sei und ob sie weiterhin in der Rolle als Regierungschefin ihrer Partei, dem Land und dem Kampf um die Unabhängigkeit gerecht werde, sei immer schwieriger mit "Ja" zu beantworten gewesen. "Ich bin zu der schwierigen Entscheidung gekommen, dass es nicht mehr so ist", sagte Sturgeon.
Sturgeon glaubt an Unabhängigkeit
Auch nach ihrem Rücktritt hält Sturgeon an dem Traum von der schottischen Unabhängigkeit von Großbritannien fest. Die scheidende Regierungschefin rechnet ausdrücklich mit einer künftigen Souveränität des Landes. "Ich glaube fest daran, dass mein Nachfolger Schottland in die Unabhängigkeit führen wird", sagte sie im Rahmen ihrer Abtrittsrede. Der Kampf um die Unabhängigkeit befinde sich bereits "in der finalen Phase".
Sturgeon gilt als Verfechterin eines unabhängigen Schottlands. In der Debatte um die Autonomie des Landes musste sie zuletzt mehrere Dämpfer einstecken. Unter anderem blockierte London eine von ihr angestrebte Abstimmung über die Frage, ob Schottland weiterhin Teil des Vereinigten Königreichs bleiben soll.
Darüber hinaus scheiterte sie mit ihren Unabhängigkeitsbefürwortern vor dem Supreme Court, dem Obersten Gerichtshof Großbritanniens. Dieser urteilte, dass das schottische Regionalparlament nicht ohne Zustimmung der britischen Regierung eine Volksabstimmung zum Verbleib Schottlands im Vereinigten Königreich ansetzen dürfe. Sturgeon akzeptierte das Urteil.
Transgender-Gesetz spaltet das Land
Gegenwind bekam Sturgeon zuletzt auch vor allem wegen eines umstrittenen Transgender-Gesetzes, für das ihre Regierung im vergangenen Jahr gestimmt hatte. Die Regelung sieht vor, dass die Pflicht für ein medizinisches Gutachten als Voraussetzung für eine Änderung des Geschlechtseintrages nicht länger nötig ist. Außerdem soll das Mindestalter für einen Antrag von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden.
Gegner des Entwurfs befürchten, Männer könnten die vereinfachten Regelungen ausnutzen, um mit sexuellen Absichten in Bereiche einzudringen, die Frauen vorbehalten sind - etwa Toiletten oder Umkleiden.
Unterstützer sehen in dem Gesetz hingegen eine längst überfällige Reform, die Transmenschen erlauben würde, früher und leidfreier selbstbestimmt zu leben. Als Transmenschen werden Personen bezeichnet, die sich ihrem bei der Geburt zugeschrieben Geschlecht nicht zugehörig fühlen.