Regierungskrise in Großbritannien Innenministerin Braverman tritt zurück
Mit dem Rücktritt von Innenministerin Braverman verliert das britische Kabinett die nächste Ministerin. Als Grund nannte sie unter anderem Zweifel am Regierungskurs. Ihr Nachfolger wird der frühere Verkehrsminister Shapps.
Die britische Innenministerin Suella Braverman ist zurückgetreten. Als Grund nannte sie einen Fehler: Sie habe ein offizielles Regierungsdokument über einen persönlichen E-Mail-Account verschickt. "Ich habe einen Fehler gemacht, ich übernehme die Verantwortung, ich trete zurück", schrieb sie an Regierungschefin Liz Truss. Das Schreiben an einen Parlamentskollegen sei bereits in weiten Teilen öffentlich bekannt gewesen, dennoch handele es sich um einen Fehler.
Zweifel an Regierungskurs
Sie habe außerdem ernste Zweifel an der Richtung der Regierung unter Truss, schrieb Braverman weiter. Man habe zentrale Wahlversprechen gebrochen. Insbesondere kritisierte die rechte Hardlinerin die Einwanderungspolitik: Sie habe "große Bedenken hinsichtlich des Bekenntnisses dieser Regierung zu unserem Wahlprogramm, wie die Gesamtzahl der Einwanderer zu begrenzen und illegale Migration zu stoppen, besonders die gefährlichen Bootsüberquerungen".
Braverman machte immer wieder mit Äußerungen zu ihren Plänen für ein härteres Vorgehen bei Abschiebungen von sich reden. Kürzlich wetterte sie im Parlament gegen "Tofu essende" Linke.
Nachfolger gilt als moderat und erfahren
Bravermans Nachfolger steht bereits fest: Grant Shapps, im Kabinett von Boris Johnson Verkehrsminister, wurde von Truss zum neuen Innenminister ernannt. Der 54-Jährige gilt als erfahrener Minister und Teil des moderaten Flügels der Tories. Seine Ernennung wird daher auch als Versuch von Truss gewertet, wieder größere Teile der Partei hinter sich zu vereinen.
Premierministerin lehnt eigenen Rücktritt ab
Erst am Freitag hatte die auch aus den eigenen Reihen schwer unter Beschuss stehende Premierministerin ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng gefeuert. Ihren eigenen Rücktritt lehnte Truss aber erneut ab: "Ich bin eine Kämpferin und keine Drückebergerin," hatte sie im Parlament auf die Frage des Parteichefs der oppositionellen Labour-Partei, Keir Starmer, warum sie überhaupt noch da sei, geantwortet. "Ich habe klar gemacht, dass es mir leid tut und dass ich Fehler gemacht habe", so Truss.
Viel Ärger um Steuerpläne
Es war die erste Fragestunde mit der Premierministerin im britischen Unterhaus nach ihrer Kehrtwende bei den Steuerplänen vergangene und Anfang dieser Woche. Truss ist erst seit Anfang September im Amt. Dennoch steht sie bereits massiv unter Druck. Ihr Steuersenkungspaket hatte wegen fehlender Gegenfinanzierung zu Turbulenzen an den Finanzmärkten und zu heftigem Unmut auch in den Reihen der Regierungspartei geführt.
Daraufhin ließ Truss zunächst ihren Vertrauten, Finanzminister Kwasi Kwarteng, die geplante Steuersenkung für Spitzenverdiener zurücknehmen. Am Freitag entließ sie ihn dann. Der neue Finanzminister Jeremy Hunt kippte das geplante Finanzpaket am Montag fast vollständig.