Saporischschja AKW-Chef von Russen festgenommen
Rund um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja toben seit Wochen schwere Kämpfe. Die Mitarbeiter stehen damit unter extremen Stress. Nun wurde auch noch der Leiter des AKW von russischen Truppen festgenommen.
Der Chef des von russischen Truppen besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja, Ihor Muraschow, ist festgenommen worden. Russische Behörden informierten die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), dass der Generaldirektor des größten europäischen Kernkraftwerks "vorübergehend festgenommen wurde, um Fragen zu beantworten", wie ein IAEA-Sprecher in Wien sagte.
Von Russen aus dem Auto gezerrt
Nach ukrainischen Angaben wurde Muraschow von russischen Truppen entführt. Der Präsident der ukrainischen Betreibergesellschaft Enerhoatom, Petro Kotin, teilte mit, dass der Kraftwerks-Chef am Freitag von einer russischen Patrouille am AKW-Standort Enerhodar auf der Straße gestoppt, aus dem Auto gezerrt und mit verbundenen Augen an einen unbekannten Ort gebracht worden sei. Russland hält das AKW seit Anfang März besetzt.
Kotin warf Russland im Nachrichtenkanal Telegram atomaren Terrorismus gegen das Management und gegen die Mitarbeiter des Kraftwerks vor. Muraschow, der die Hauptverantwortung für das sichere Funktionieren und die nukleare Sicherheit der Anlage trage, müsse sofort freigelassen werden. Kotin forderte auch den Chef IAEA, Rafael Grossi, auf, sich für Muraschows Freilassung einzusetzen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Atomkraftwerk mehrfach beschossen
Das AKW war immer wieder beschossen worden. Sowohl die russischen Besatzer als auch die ukrainischen Behörden warnten mehrfach vor einem möglichen atomaren Zwischenfall mit massiven Auswirkungen für ganz Europa. Nach ihrer Eroberung durch russische Truppen stellte das ukrainische Personal weiter den Betrieb sicher. Der letzte Reaktor der Anlage wurde im September vor dem Hintergrund anhaltenden Beschusses nahe der Anlage heruntergefahren.
Die IAEA setzt sich für rasche weitere Gespräche über eine Waffenstillstandszone um das AKW ein. Der staatliche russische Atomkonzern Rosatom, der das Kraftwerk gemeinsam mit russischen Einheiten kontrolliert, ist nach Angaben seines Managements bereit, über technische Aspekte einer Schutzzone zu reden.