Russische Invasion in der Ukraine Europarat beschließt Register für Kriegsschäden
Ein Großteil der im Europarat vertretenen Staaten haben sich für die Einrichtung eines Registers russischer Kriegsschäden in der Ukraine ausgesprochen. Auch als mögliche Grundlage für Entschädigungszahlungen.
Mit breiter Mehrheit haben die Mitglieder des Europarates dafür gestimmt, ein Schadensregister einzuführen, um von Russland in der Ukraine verursachte Schäden und Verluste zu erfassen. Das Register könnte eine wichtige Grundlage für spätere Forderungen nach Entschädigungszahlungen sein.
Von den 46 im Europarat vertretenen Staaten willigten 40 ein, sich sofort oder künftig an dem Register zu beteiligen. Die Schweiz etwa verwies auf rechtliche Rahmenbedingungen im eigenen Land, die einen sofortigen Einstieg nicht möglich machten. Armenien, Aserbaidschan, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Ungarn und die Türkei wollen sich vorerst nicht an dem Schadensregister beteiligen.
In dem Register sollen Informationen und Beweise zu Schäden und Verlusten gesammelt werden, die durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine entstanden sind - so soll das Register den Weg für künftige Entschädigungen durch Russland ebnen.
Die für das Schadensregister zuständige Einrichtung ist laut der Nachrichtenagentur KNA zunächst auf drei Jahre begrenzt und soll ihren Hauptsitz aller Wahrscheinlichkeit nach im niederländischen Den Haag haben, wo auch der Internationale Strafgerichtshof sitzt. Zudem solle es auch in der Ukraine einen Sitz geben. Opfer sollen dort selbst erlittene Kriegsschäden melden können.
"Meilenstein auf dem Weg zu Gerechtigkeit"
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal sprach von einem "Meilenstein auf dem Weg zu Gerechtigkeit und Wiedergutmachung" und forderte weitere Staaten auf, sich der Initiative anzuschließen. Das Register könne nur ein erster Schritt zur Schaffung eines umfassenden Entschädigungsmechanismus sein, mit dem Russland zu Reparationszahlungen angehalten werden solle.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte den Beschluss des Europarates als "einen wesentlichen Beitrag zu den internationalen Bemühungen, Russland für die Folgen seines brutalen Handelns zur Rechenschaft zu ziehen".
Debatte über russische Vermögenswerte im Ausland
Noch ist jedoch völlig offen, wie mögliche Entschädigungszahlungen von russischer Seite künftig festgelegt und in die Wege geleitet werden könnten. Ministerpräsident Schmyhal forderte abermals, auch russische Vermögenswerte im Ausland für eventuelle Reparationszahlungen heranzuziehen.
Für Scholz ein komplizierter Weg, vor allem aufgrund rechtlicher Hürden. "Wir haben, was die rechtlichen Möglichkeiten betrifft, eingefrorene Vermögen hier nutzbar zu machen, nicht viele Handlungswege, die offen sind", sagte er beim Gipfel in Islands Hauptstadt Reykjavik. Möglicherweise könne man die Erträge aus eingefrorenem russischen Vermögen nutzen, aber dies seien dann kleinere Beträge.
Zunächst ist es aus Sicht des Bundeskanzlers jedoch relevant, die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken. Einer deutschen Beteiligung an einer von Frankreich und Großbritannien angestrebten Kampfjet-Koalition erteilte er trotzdem eine Absage.
Deutschland will Zahlungen an Europarat aufstocken
Mit Blick auf den Europarat kündigte Scholz eine höhere finanzielle Unterstützung des Staatenverbundes an. Deutschland werde zusätzlich zum eigenen Pflichtbeitrag zehn Millionen Euro für den Europarat bereitstellen. Regierungsangaben zufolge beträgt der Haushalt des Europarats für dieses Jahr 479 Millionen Euro, wovon Deutschland circa 44 Millionen Euro zahlt.
Deutschland werde den Europarat stärken, "damit er wirksam aktuellen und künftigen Herausforderungen begegnen kann", so Scholz. Als weitere Themen, die den Europarat auch künftig beschäftigen würden, nannte er etwa den Umweltschutz oder den richtigen Umgang mit Künstlicher Intelligenz.
Der Europarat war 1949 als Hüter von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat in Europa gegründet worden und ist von der EU unabhängig. Russland war nach der russischen Invasion in der Ukraine ausgeschlossen worden, Belarus ist bei dem Gipfel nur noch als Beobachter vertreten. Es ist erst das vierte Gipfeltreffen des Europarats in seiner mehr als 70-jährigen Geschichte.