Russische Invasion Ukraine meldet Erfolge bei Bachmut
Die Ukraine hat die Rückeroberung eines kleinen Gebiets bei Bachmut gemeldet - und den Wunsch nach "Taurus"-Marschflugkörpern bekräftigt. Russland griff laut Kiew erneut ukrainische Großstädte mit Drohnen und Raketen an.
Die ukrainischen Truppen machen nach offiziellen Angaben Fortschritte bei der Rückeroberung von Terrain bei der russisch kontrollierten Stadt Bachmut in der Ostukraine. Der Armee sei es gelungen, in der vergangenen Woche rund fünf Quadratkilometer im Umland zu befreien, erklärte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar. Insgesamt haben die ukrainischen Truppen um Bachmut demnach seit dem Beginn ihrer Gegenoffensive vor gut zehn Wochen 40 Quadratkilometer zurückerobert.
Die russischen Truppen setzten ihren Angriff um die ebenfalls im Osten der Ukraine gelegenen Städte Kupjansk und Lyman fort und formierten sich neu, fügte sie hinzu. "Die Russen haben diese Offensiven nach dem Erfolg der ukrainischen Armee auf der Bachmut-Achse intensiviert."
Offenbar auch Kämpfe in Donezk
Das ukrainische Militär sei jedoch rund um das Dorf Staromajorske, knapp 100 Kilometer südwestlich des von Russland gehaltenen Donezk, vorgerückt. Angaben zu Landgewinnen machte sie nicht. Es gebe auch Kämpfe um die Kontrolle über den Nachbarort Uroschaine, sagte Maljar.
"In der Nähe von Uroschaine finden Gefechte statt, und der Kampf gilt diesem besonderen Ort", erklärte Maljar auf einer offiziellen Plattform des Militärs. "Auf der Süd- und der Südostachse in der Nähe von Staromajorske gibt es einige Erfolge."
Erst am Sonntag hatte ein von Russland eingesetzter Statthalter in der ukrainischen Oblast Saporischschja erklärt, die gegnerischen Truppen versuchten, in den beiden Ortschaften Fuß zu fassen und die russischen Linien zu durchbrechen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Kiew: Vorstöße im Gebiet Cherson
Die Vizeverteidigungsministerin bestätigte zudem Vorstöße ukrainischer Einheiten auf das russisch besetzte Ufer des Flusses Dnipro im Gebiet Cherson. Festgesetzt hätten sie sich dort aber noch nicht, machte sie deutlich. "Um sich festzusetzen, muss man den Feind verdrängen, das Territorium säubern", sagte Maljar.
Zuvor hatten ukrainische Medien Videoaufnahmen verbreitet, auf denen ein russischer Major zu sehen war, der bei einem der Vorstöße gefangen genommen worden sein soll. Er macht in der Aufnahme detaillierte Angaben zu russischen Verteidigungsstellungen.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Bei der derzeit laufenden Gegenoffensive stoßen die Ukrainer immer wieder auf Minenfelder, Panzerabwehrgräben und andere Hindernisse sowie auf gestaffelte Verteidigungslinien der Russen. Die russischen Verteidigungslinien sind nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministers Olexij Resnikow teilweise so dicht vermint, dass an manchen Teilen der Front bis zu fünf Minen pro Quadratmeter liegen.
In einem Gespräch mit dem britischen "Guardian" sprach er von Millionen Sprengkörpern entlang der Front. Es gebe über Hunderte Kilometer hinweg Minenfelder. Dies stelle ein ernstes Hindernis für die Gegenoffensive der ukrainischen Truppen dar.
Russland setzt Raketen- und Drohnenangriffe fort
Russland setzte indes die Angriffe auf ukrainische Großstädte fort. Nach Behördenangaben starben dabei mindestens zwei Menschen. Rettungskräfte fanden die Toten in den Trümmern zweier Wohnhäuser in Saporischschja, wie das Innenministerium in Kiew mitteilte. Drei Menschen seien gerettet worden.
In der Hafenstadt Odessa im Süden wurden drei Mitarbeiter eines großen Supermarktes verletzt. Herabstürzende Raketenteile hätten den Supermarkt sowie ein Wohnheim beschädigt, teilte die Verwaltung des Gebiets Odessa mit. Brände seien ausgebrochen.
Die russische Armee soll den Angaben nach gegen Odessa 15 Drohnen eingesetzt und von See acht Marschflugkörper des Typs "Kalibr" abgefeuert haben. Sie seien alle abgefangen worden, teilte Gouverneur Oleh Kiper ab. Solche Angaben zum Kampfgeschehen sind oft nicht unabhängig überprüfbar.
Russland blockiert seit Mitte Juli wieder ukrainische Getreideexporte über Odessa und andere Schwarzmeerhäfen und hat die Stadt seitdem mehrmals heftig beschossen.
Nach Angaben der regionalen Militärverwaltung von Sumy griff Russland zudem erneut das ukrainische Gebiet nahe der russischen Grenze an. Allein gestern habe der Feind die Region im Nordosten der Ukraine 21 Mal mit Mörsern und Artillerie beschossen, teilte die Militärverwaltung bei Facebook mit. Insgesamt seien 144 Explosionen registriert worden. Bei den Angriffen wurden demnach mindestens zwei Wohngebäude beschädigt. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.
Ukraine fordert weiter "Taurus"-Marschflugkörper
Die Ukraine bekräftigte die Dringlichkeit ihrer Bitte um die Lieferung deutscher "Taurus"-Marschflugkörper. "In der jetzigen Phase ist es von entscheidender Bedeutung, das umfangreiche rückwärtige Unterstützungssystem der russischen Besatzungstruppen zu zerschlagen", sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak der "Bild"-Zeitung. Er reagierte damit auf zurückhaltende Äußerungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer Lieferung.
Die Ukraine müsse insbesondere Nachschubreserven, die rückwärtige logistische Infrastruktur, Munitionsdepots sowie Stützpunkte angreifen, die Russland in den von ihm besetzten ukrainischen Gebieten errichtet habe, sagte der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. "All dies befindet sich jedoch in einer Entfernung von 100, 200, 300 Kilometern von der Frontlinie." Nur Langstreckenraketen wie "Taurus" könnten solche Entfernungen erreichen.
Der Präsidentenberater sicherte erneut zu, dass die Ukraine die deutschen Marschflugkörper nicht gegen Ziele auf russischem Territorium einsetzen würde, sondern "ausschließlich auf dem Territorium der Ukraine innerhalb der international anerkannten Grenzen von 1991". Die Befürchtung, dass die Ukraine mit den bunkerbrechenden Waffen mit einer Reichweite von 500 Kilometern russisches Gebiet beschießen könnte, gilt als Grund für das Zögern in Berlin.