World Press Photo Award Die Kraft der Umarmung in der Pandemie
Sie spendet Trost und gibt Hoffnung: "Die erste Umarmung" heißt das Bild von Fotograf Mads Nissen, das zum World Press Photo 2020 gewählt wurde. Die Corona-Pandemie spiegelt sich in vielen Einreichungen wider.
Das World Press Photo 2020 zeigt die erste Umarmung, die die 85-Jährige Rosa Luzia Lunardi nach fünfmonatiger Corona-Isolation in ihrem Altenwohnheim erhält: Durch einen Vorhang kann die alte Dame die Berührung und Nähe ihrer Pflegerin Adriana Silva da Costa Souza spüren. Dabei zeichnet der Vorhang zufällig den Umriss eines Engels.
Der dänische Fotograf Mads Nissen drückt genau in dem Moment auf dem Auslöser, als die alte Dame sich trotz Plastikfolie in die tröstende Wärme der Pflegerin fallen lässt. Er habe eine Aufnahme schaffen wollen, mit der die Betrachter sofort ein Gefühl verbinden können, beschreibt er sein Werk. Der 41-Jährige hat bereits 2014 mit einem ähnlich intimen Bild den Wettbewerb gewonnen. Damals hatte er auf die Lage Homosexueller in Russland aufmerksam gemacht.
Hoffnung in tristen Zeiten
Der Preisträger verbrachte mehrere Wochen in Brasilien, um, wie er sagt, die Tatenlosigkeit von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro und die Hilflosigkeit der Bevölkerung zu dokumentieren. Die Corona-Pandemie hat Brasilien besonders hart getroffen: Kein anderes Land hat weltweit hat im Verhältnis zur Einwohnerzahl derart viele Tote zu beklagen. Altenheime waren zum Schutz der Bewohner monatelang abgeschottet, es herrschte Besuchsverbot. Und auch das Pflegepersonal musste Abstand halten.
"In den tristen Zeiten der Covid-Pandemie sticht dieses Foto heraus. Es setzt auch ein Zeichen, dass wir Hoffnung für die Zukunft haben können und haben sollen", begründet Pilar Olivares, Jurymitglied aus Peru, die Wahl. Das Foto entwickele eine enorme positive Wirkung auf den Betrachter: Es zeige, wie viel Kraft und Hoffnung man aus einer so kleinen Geste wie einer Umarmung schöpfen könne.
Die Jury hatte in diesem Jahr die Auswahl aus fast 75.000 Fotos von mehr als 4000 Fotografen. Das World Press Foto wird bereits seit dem Jahr 1955 von einer internationalen Stiftung in Amsterdam gekürt. Mads Nissen ist der fünfte Fotograf, dem es gelingt, gleich zweimal in seiner Karriere das Foto des Jahres aufzunehmen.
Die allgegenwärtige Pandemie
Im Fokus des Wettbewerbes stehen in der Regel politische Ereignisse weltweit - vor allem Krisen, Kriege und Katastrophen. In diesem Jahr allerdings spiegelt sich vor allem die Corona-Pandemie in vielen Werken und Foto-Dokumentationen wider, die für das Welt Pressefoto nominiert waren. Sie zeigen den weltweiten Kampf gegen das Virus, die Verzweiflung der Pflegekräfte.
Sogar auf das Gewinnerfoto in der Kategorie Naturfotografie hat sich eine Atemschutzmaske eingeschlichen: Ein neugieriger Seehund spielt unter Wasser im kalifornischen Monterey damit. Das Foto verdeutliche so den Einfluss, den Corona auch auf die Natur habe, begründet die Jury: Milliarden Einweg-Masken und Einweg-Handschuhe würden unsachgemäß entsorgt - gleichzeitig verendeten jedes Jahr circa 136.000 Robben, Seelöwen und Wale durch verschlucktes Plastik.
Corona ist nicht nur in den Einreichungen das bestimmende Thema: Pandemiebedingt musste die Verleihung der Auszeichnung ins Netz verlegt werden. Die ausgezeichneten Fotografien sollen dennoch ab kommenden Samstag wie gewohnt in Amsterdam in der Nieuwe Kirke gezeigt werden und anschließend auf Europa-Tour gehen. Geplante Stationen in Deutschland sind im Mai Dortmund und im August Hamburg.