Hassreden gegen Minderheiten Europarat wirft Russland Homophobie vor
Homosexuelle, Muslime und andere Minderheiten haben es in Russland schwer - von Politik und Kirche werden diese Gruppen gezielt diskreditiert, heißt es in einem Bericht des Europarats.
Der Europarat sorgt sich über die zunehmenden Hassreden gegen Homosexuelle, Muslime und andere Minderheiten in Russland. Sowohl Politiker als auch Würdenträger der orthodoxen Kirche würden sich immer wieder homophob, transgenderfeindlich und rassistisch äußern, heißt es in einem Bericht des Anti-Diskriminierungs-Ausschusses des Europarats (ECRI).
Homosexuelle würden oft als krank oder pervers bezeichnet, Muslime mit islamistischem Terror in Verbindung gebracht. Sowohl in traditionellen Medien als auch im Internet seien solche Hassreden weit verbreitet.
Vorurteile von Putin "aktiv befeuert"
Besonders beunruhigend sei, dass Vorurteile gegen Homosexuelle sowohl vom russischen Präsidenten Wladimir Putin als auch von der orthodoxen Kirche "aktiv befeuert" würden, heißt es in dem Bericht.
So habe Putin 2017 in einem Interview mit dem US-Autor und Filmemacher Oliver Stone das Vorgehen gegen Homosexuelle ausdrücklich gerechtfertigt. Als Staatsoberhaupt habe er die Pflicht, "die traditionellen Familienwerte" hochzuhalten - zumal durch gleichgeschlechtliche Beziehungen keine Kinder gezeugt würden, zitieren die Experten des Europarats aus dem Interview.
Der russische Präsident Putin (Mitte) und der Patriarch der russischen orthodoxen Kirche, Kyrill (links) geben immer wieder homophobe Äußerungen von sich.
Der Patriarch der orthodoxen Kirche, Kyrill I., sei für seine Angriffe auf gleichgeschlechtliche Paare bekannt. So habe er Ehen von Homosexuellen als ein "sehr gefährliches apokalyptisches Symptom" gegeißelt. Solche Äußerungen hätten dazu geführt, dass Intoleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Beziehungen in der russischen Gesellschaft tief verwurzelt seien.
Homosexuelle würden stigmatisiert und lebten in Russland in einer "ständigen Furcht" vor Anfeindungen und physischen Übergriffen.
Opfer scheuen sich vor einer Anzeige
Eine Auswertung von rund 5000 Artikeln in russischen Zeitungen, Zeitschriften und Nachrichtenportalen hat dem Bericht zufolge ergeben, dass von 2011 bis 2016 mindestens 363 tätliche Angriffe auf Homosexuelle oder Einrichtungen wie Schwulen-Clubs begangen wurden. Tatsächlich sei aber von einer viel höheren Zahl auszugehen, weil zahlreiche Opfer sich scheuten, Anzeige zu erstatten - aus Furcht vor Demütigungen durch die Polizei.
Die ECRI-Experten kritisierten außerdem das weit verbreitete, sogenannte Racial Profiling in Russland. Darunter versteht man Kontrollen, Ermittlungen oder Überwachungen, bei denen Menschen alleine wegen ihres äußerlichen Erscheinungsbildes ins Visier der Polizei geraten. Besonders Migranten aus Zentralasien und dem Kaukasus sowie Roma seien betroffen, heißt es in dem Bericht.
Der Europarat mit Sitz in Straßburg hat zur Aufgabe, über die Menschenrechte in seinen 47 Mitgliedstaaten zu wachen. Dafür sind verschiedene Expertengruppen im Einsatz, die regelmäßig den Stand der Dinge in den Ländern untersuchen.