Millionen Franzosen im Ausstand Streiks behindern internationalen Verkehr
In Frankreich gehen die Proteste gegen die geplante Rentenreform weiter: Massive Streiks legten den Zug-, Flug- und Schiffsverkehr teils lahm. Auch deutsche Häfen sind betroffen.
Erneut sind Millionen Menschen in Frankreich auf die Straßen gegangen. Die Protest gegen die geplante Rentenreform stören weiterhin landesweit den öffentlichen Verkehr. Arbeitnehmer aus vielen Bereichen traten in den Ausstand. Mit weiteren Streiks wollen die französischen Gewerkschaften den Druck auf Präsident Emmanuel Macron aufrechterhalten. Am Nachmittag ist ein Protestmarsch in Paris geplant.
Am Morgen war der Zug- und U-Bahn-Verkehr in Paris immer noch gestört. Es fahren keine Züge mehr nach Spanien, die Verbindungen nach Großbritannien und Belgien fallen teilweise aus. Am Pariser Flughafen Charles de Gaulle wurde ein Fünftel der Flüge gestrichen, am Flughafen Orly etwa ein Drittel.
Deutsche Häfen erhalten keine Waren
Der gesamte internationale Schiffsverkehr auf der deutsch-französischen Rheinstrecke nach Basel sei zum Erliegen gekommen, weil die bestreikten Schleusen in französischer Hand seien, teilte das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Oberrhein mit. Der komplette Verkehr in die Schweiz über die Rheinschiene sei dadurch unterbrochen.
Deutsche Häfen wie Breisach oder Weil am Rhein seien ebenfalls betroffen. Infolge der Streiks kämen Schiffe in dem Bereich nicht mehr weiter, wodurch Empfänger in den Häfen ihre Waren nicht bekämen.
"Wir lassen es nicht zu, dass das Land lahmgelegt wird"
Die französischen Raffinerien produzieren derzeit weiter Benzin und Diesel, können aber wegen der Blockaden die Tankstellen nicht beliefern. Die Auslieferung von Treibstoff werde weiter blockiert, teilte die Gewerkschaft CGT mit. Bislang herrscht noch kein Treibstoffmangel.
Verkehrsminister Clément Beaune drohte mit Zwangsmaßnahmen. "Wir lassen es nicht zu, dass das Land lahmgelegt wird", sagte er dem Sender LCI. "Wir haben juristische Mittel, um einzuschreiten", betonte er.
Auch Flüssiggas-Terminals und mehrere Gasdepots wurden weiter blockiert. In Marseille verhindern Seeleute den Zugang zum Hafen. Auch die Müllabfuhr in Paris setzte den Streik fort.
Gewerkschaften sprechen von "historischer Beteiligung"
Am Dienstag waren nach offiziellen Angaben landesweit 1,28 Millionen Menschen auf die Straße gegangen. Ende Januar waren es 1,27 Millionen gewesen. Die Gewerkschaften sprachen von 3,5 Millionen Demonstrierenden. Das sei eine "historische Beteiligung".
Die Regierung wirft den Gewerkschaften vor, sich nicht gesprächsbereit zu zeigen. "Die Tür der Regierung steht weit offen, wenn die Gewerkschaften, die seit Wochen kein Interesse gezeigt haben, wieder den Dialog suchen", sagte Regierungssprecher Olivier Véran dem Sender RTL.
Die Gewerkschaften wiederum forderten ein "dringendes Treffen" mit Präsident Emmanuel Macron und kündigten weitere Streiktage am kommenden Samstag und Mittwoch an.
Entscheidung fällt vielleicht schon nächste Woche
Der französische Senat diskutiert den Entwurf zur Rentenreform erneut in dieser Woche. "Wir sind uns bewusst, dass die von den Franzosen geforderten Anstrengungen nicht die Unterstützung einer Mehrheit finden", sagte Regierungssprecher Véran. Die Regierung sei aber überzeugt, dass die Alternativen - Steuererhöhungen, Erhöhung der Staatsschulden und Rentenkürzungen - nicht mehr Unterstützung bekommen würden.
Möglicherweise kann das Parlament die Rentenreform bereits nächste Woche Donnerstag mit den Stimmen der Regierungspartei Renaissance und der konservativen Republikaner beschließen.
Reform benachteilige vor allem Frauen
Kern der Reform ist die Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre und die Voraussetzung von 43 Arbeitsjahren für den Erhalt der vollen Rente. Die französische Regierung will erreichen, dass die Menschen länger arbeiten, um ein Defizit in der Rentenkasse zu verhindern.
In Frankreich scheiden Menschen laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Schnitt mit 60 Jahren aus dem Arbeitsmarkt aus, die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 80 Jahre.
Feministinnen und Feministen sehen durch die Reform besonders Frauen benachteiligt, die es wegen der Kindererziehung häufig schwerer hätten, die notwendigen Berufsjahre zu sammeln. Die Reform drohe damit, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern im Berufsleben zu vertiefen.