Corona-Regeln in Großbritannien Wer rein will, muss in Quarantäne
Um eine zweite Corona-Welle zu verhindern, verschärft Großbritannien ab heute die Einreisebestimmungen. Wer ins Land will, muss zwei Wochen in Quarantäne - zum massiven Ärger der Reisebranche.
Wer nach Großbritannien einreist, muss sich ab heute nach der Ankunft in eine zweiwöchige Quarantäne begeben. Einreisende müssen nun an der Grenze ihre Adress- und Kontaktdaten hinterlassen. Die Quarantänepflicht gilt für alle Einreisenden, ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft. Ausgenommen sind nur wenige Berufsgruppen wie Lastwagenfahrer, medizinisches Personal und Erntehelfer sowie Reisende aus Irland, der Isle of Man und den Kanalinseln.
Alle anderen müssen an der Grenze ein ausgefülltes Formular vorzeigen, in dem steht, wo sie sich aufhalten und wie sie erreicht werden können. Das Formular wird auf der Internetseite der Regierung bereitgehalten und muss schon vor Antritt der Reise ausgefüllt werden. Andernfalls können die Grenzbeamten Strafen bis zu 100 Pfund verhängen oder sogar den Zutritt zum Vereinigten Königreich verweigern. Die Behörden vor Ort werden Stichprobenkontrollen durchführen. Wer gegen die Quarantäne verstößt, dem drohen bis zu 1000 Pfund Strafe.
Widerstand aus der Reisebranche
Mit der Maßnahme soll eine zweite Welle von Coronavirus-Infektionen verhindert werden. Gesundheitsminister Matt Hancock erklärte, wegen der gesunkenen Infektionsrate in Großbritannien steige der Anteil der von außen eingeschleppten Infektionen proportional an. Deshalb sei es richtig, diese Maßnahme jetzt zu ergreifen. Kritiker beanstanden jedoch, dass das besonders stark von der Pandemie betroffene Großbritannien die Einreise von Menschen aus Staaten erschwert, in denen es deutlich weniger Infektionsfälle gibt.
Die neuen Vorschriften treffen bei Unternehmen aus der Reisebranche auf heftigen Widerstand. Die 14-tägige Selbstisolation sei "übereilt und nicht durchführbar", kritisierte die Kampagne "Quash Quarantine". Ihr gehören nach eigenen Angaben 500 Reiseunternehmen an. "In dieser nicht praktikablen, schlecht durchdachten und wirtschaftlich schädlichen Regierungspolitik gibt es mehr Löcher als in einem Sieb", zitierte der "Telegraph" den stellvertretenden Leiter der Kampagne, Paul Charles.
Vor allem Fluggesellschaften fürchten weitere Einbußen. British Airways, EasyJet und Ryanair haben gemeinsame juristische Schritte gegen die Quarantäneregelung eingeleitet. Sie nennen die Maßnahme "unverhältnismäßig und unfair". Sie dürfte auch das Ende der Urlaubspläne vieler Briten sein.
Die Reisebranche ist wegen der Corona-Pandemie in der Krise. Unternehmen befürchten weitere Einbußen durch die neuen Quarantäneregeln.
"Luftbrücken" für Länder mit geringem Risiko?
Auch in der konservativen Regierungspartei von Premierminister Boris Johnson gibt es erheblichen Unmut über die Regelung. Ein Regierungssprecher bestätigte, dass es Überlegungen gibt, die Quarantänepflicht für einzelne Reiseziele aufzuheben.
Medienberichten zufolge will Premierminister Boris Johnson mit "Luftbrücken" die Quarantäne-Maßnahmen für viele Flugreisende umgehen. Demnach müssen Passagiere bei ihrer Einreise nicht in Selbstisolation, wenn sie aus einem Land mit geringem Ansteckungsrisiko kommen. Nach Ansicht Johnsons sei dies die beste Strategie, um das Virus in Schach zu halten und zugleich das Reisen wieder zu erlauben. Möglicherweise wird die Regelung den Berichten zufolge im Juli eingeführt.
Bisher mehr als 40.000 Corona-Tote
Innerhalb der EU, der Großbritannien seit Ende Januar nicht mehr angehört, werden die Corona-bedingten Einreiserestriktionen inzwischen sukzessive gelockert. Großbritannien ist eines der mit am schlimmsten von der Corona-Pandemie betroffenen Länder der Welt. Rund 40.600 Menschen starben dort bislang an den Folgen der Infektion. In der vergangenen Woche waren innerhalb des Landes die Ausgangsbeschränkungen aber teilweise gelockert worden.