Vor dem Brexit Johnson will Zwangspause für Parlament
Die britische Regierung will das Parlament bis zum 14. Oktober beurlauben. Berichten zufolge soll so ein Vorgehen der Abgeordneten gegen einen EU-Austritt ohne Abkommen verhindert werden - Premier Johnson bestreitet diese Absicht.
Der britische Premierminister Boris Johnson hat Berichte bestätigt, denen zufolge er das Parlament bis Mitte Oktober blockieren will.
Zuvor hatten britische Medien geschrieben, er wolle damit ein Vorgehen der Abgeordneten gegen einen ungeordneten EU-Austritt ("No-Deal-Brexit") verhindern. Johnson selbst sagte, die Kronrede der Königin Elizabeth sei für den 14. Oktober angesetzt.
Damit wolle er die Parlamentarier keinesfalls übergehen - sie bekämen genug Zeit, um sich mit den legislativen Plänen für den Brexit zu befassen. Abgestimmt werden könne etwa am 21. oder 22. Oktober - keine zehn Tage vor dem endgültigen Austrittsdatum.
Drei Wochen Sitzungspause üblich
Königin Elizabeth könne noch heute aufgefordert werden, die Arbeit des Parlaments auszusetzen, hatte der BBC-Journalist Nick Robinson zuvor unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Quelle geschrieben.
Der "Guardian" hatte unter Berufung auf "senior sources" gemeldet, einige Minister bereiteten sich bereits auf ein Treffen mit der Königin zu diesem Ziel vor.
Üblicherweise kommen die Abgeordneten zwischen Ende September und Anfang Oktober nicht zu Sitzungen zusammen. In der dreiwöchigen Interimszeit halten die Parteien gewöhnlich ihre Jahreskonferenzen ab.
In diesem Jahr war die Rückkehr aus der Sommerpause für den 3. September geplant gewesen.
Druck auf Johnson war gestiegen
Zuvor hatte sich Widerstand gegen den Premier und seine Brexit-Pläne formiert. Labour-Parteichef Jeremy Corbyn hatte ein Misstrauensvotum gegen Johnson angekündigt.
Sechs Oppositionsparteien verkündeten am Dienstag, einen EU-Austritt ohne Abkommen auf jeden Fall verhindern zu wollen. In einer gemeinsamen Erklärung schrieben sie, eine Umgehung des Unterhauses im Brexit würde eine "historische Verfassungskrise" auslösen.
Abgeordnete reagieren empört
Der britische Parlamentspräsident John Bercow reagierte empört auf die Berichte. Der Schritt stelle einen "Frevel gegen die Verfassung" dar, sagte er. Die Absicht dahinter sei "vollkommen offensichtlich".
Auch Abgeordnete waren verärgert. "Ziemlich skandalös", kommentierte der Konservative Dominic Grieve, der vehement gegen einen Austritt aus der EU ohne Abkommen ist. Das mache ein Misstrauensvotum gegen Johnson wahrscheinlicher, sagte er der BBC. Ihm selber falle es schwerer, Vertrauen in die Regierung zu haben, wenn sie das Parlament wirklich in eine Zwangspause schicken wolle.
"Boris Johnson versucht, die Königin auszunutzen, um Macht in seinen eigenen Händen zu konzentrieren", schrieb die Labour-Abgeordnete Yvette Cooper. Diane Abbott sprach von einem "Coup gegen das Parlament".
Schottlands Premierministerin Nicola Sturgeon meinte: "Wenn die Abgeordneten nicht zusammenkommen, um ihn nächste Woche zu stoppen, wird der heutige Tag dunkel in die Geschichte der britischen Demokratie eingehen."
Pfund-Kurs rutscht nach Meldungen ab
Der Kurs des britischen Pfundes brach nach Bekanntwerden der Medienberichte um fast einen Prozentpunkt ein.