Umstrittenes Gesetz Britisches Parlament genehmigt Abschiebungen nach Ruanda
"Stop the boats", die Boote stoppen, lautet das Versprechen von Premier Sunak: Wer ohne Papiere nach Großbritannien kommt, soll nach Ruanda abgeschoben werden. Dieses umstrittene Vorhaben hat das Parlament nun abgesegnet.
Am Ende hat die Mehrheit der Abgeordneten im Oberhaus den Widerstand aufgegeben. Über den Abend hinweg gab es mehrere Abstimmungen in Ober- und Unterhaus, das sogenannte Ping-Pong-Verfahren, ein Hin und Her mit Änderungsanträgen.
Am gestrigen Morgen noch hatte Lord Alex Carlile in der BBC deutlich gemacht, warum es aus seiner Sicht falsch sei, Ruanda per Gesetz zu einem sicheren Drittstaat zu erklären: "Rishi Sunak bittet das Parlament, zu beschließen, dass eine Unwahrheit wahr ist." Das Oberste Gericht habe entschieden, dass Ruanda kein sicheres Drittland sei. Und Ruanda habe die Vereinbarungen, die mit dem Vereinigten Königreich getroffen worden sind, nicht umgesetzt, sagte der Abgeordnete.
Sunak erhöhte noch einmal den Druck
Darum geht es: Nach einem Urteil des Obersten Gerichts war eine Abschiebung nach Ruanda gestoppt worden. Die Richter hatten argumentiert, es würden mehrere internationale Abkommen verletzt: die Menschenrechtskonvention, die UN-Flüchtlingskonvention und die Konvention gegen Folter. Die Begründung: Es gibt keine sicheren Asylverfahren in Ruanda, keinen Schutz vor Verfolgung. Daraufhin brachte die konservative Regierung den Vorschlag ein, Ruanda schlicht für sicher zu erklären und so jede Möglichkeit zu verhindern, gegen die Abschiebung rechtlich vorzugehen.
Vor den Abstimmungen in Ober- und Unterhaus trat Sunak noch einmal vor die Presse und erhöhte den Druck deutlich. "Kein Wenn und Aber, die Flüge werden nach Ruanda gehen", sagte der Premierminister. Die konservative Regierung ist der Meinung, mit den Abschiebungen ein Beispiel zu setzen und Flüchtlinge davon abzuhalten, die gefährliche Fahrt über den Ärmelkanal anzutreten.
Erster Flug soll in zehn bis zwölf Wochen starten
Das Abkommen mit Ruanda hatte bereits 2022 Boris Johnson angestoßen, als er noch Premierminister war. Sunak will das Versprechen nun endlich umsetzen, kurz vor den Regionalwahlen und den nationalen Wahlen, die wahrscheinlich im Oktober stattfinden. In den Umfragewerten ist Sunak auf einem neuen Tiefpunkt angekommen.
Seine Regierung liefere nun diese Abschreckung und durchbreche damit das Geschäft krimineller Schleuser, sagte Sunak. Der erste Flug soll in zehn bis zwölf Wochen abheben. Eine Fluggesellschaft habe den Auftrag der Regierung zur Abschiebung angenommen. 500 Personen, die Flüchtlinge begleiten sollen, seien bereits ausgebildet. "Der Erfolg der Abschreckung hängt ab von weiteren Flügen, die wir durchführen werden, über den Sommer hinweg, bis die Boote gestoppt sind", sagte Sunak.
Weiterhin viele offene Fragen
Experten bezweifeln, dass Flüchtlinge sich von den Abschiebungen wirklich abschrecken lassen. Die Opposition kritisiert die hohen Kosten, die in keinem Verhältnis stünden. Ob in einigen Wochen wirklich Flugzeuge mit Flüchtlingen Richtung Ruanda abheben, dürfte dann auch von den Gerichten abhängen. Denn einzelne Personen können durchaus noch klagen. Und auch die grundsätzliche Frage, ob die Justiz durch dieses gerade beschlossene Gesetz so stark beschnitten werden kann, ist offenbar noch nicht geklärt.