Nahost-Krieg Offenbar keine Freilassung der Geiseln vor Freitag
Der geplante Austausch von Geiseln gegen Gefangene und die damit einhergehende Feuerpause zwischen Israel und Hamas lässt noch auf sich warten, wie der nationale Sicherheitsberater von Premier Netanyahu erklärte. Die Gespräche liefen noch.
Die Freilassung erster Geiseln aus dem Gazastreifen nach Israel wird laut übereinstimmenden israelischen Medienberichten nicht vor Freitag erfolgen. Die israelische Zeitung "Haaretz" und der Fernsehsender N12 beriefen sich dabei auf Israels Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi. "Die Gespräche über die Freilassung unserer Geiseln schreiten voran und werden laufend fortgesetzt", wurde Hanegbi am Abend zitiert.
Der erste Austausch von in Israel entführten Geiseln gegen palästinensische Häftlinge war eigentlich schon am Donnerstag erwartet worden. Die Zeitung "The Times of Israel" zitierte Hanegbi mit den Worten: "Die Freilassung wird gemäß der ursprünglichen Vereinbarung zwischen den Parteien beginnen, und nicht vor Freitag."
Ein israelischer Beamter erklärte die Verzögerung der Zeitung zufolge damit, dass entgegen der bisherigen Auffassung der israelischen Seite sowohl Israel als auch die Hamas ein Dokument zur Ratifizierung des Abkommens unterzeichnen müssen, damit es in Kraft treten kann. Das Dokument werde hoffentlich innerhalb der nächsten 24 Stunden unterzeichnet, so dass die ersten Geiseln am Freitag freigelassen werden könnten, sagte der Beamte demnach weiter. Die Zeitung "Jerusalem Post" sprach von einer "Komplikation in letzter Minute".
Mindestens 50 Geiseln sollen freikommen
Das israelische Kabinett hatte in der Nacht zum Mittwoch einem Abkommen mit der Terrororganisation Hamas zugestimmt, das während einer viertägigen Feuerpause die Freilassung von mindestens 50 von der Hamas in den Gazastreifen verschleppten Geiseln und auf der anderen Seite die Freilassung von 150 palästinensischen Frauen und Minderjährigen aus israelischen Gefängnissen vorsieht.
Die Feuerpause soll zudem einen Zugang einer "größeren Zahl von humanitären Konvois und Hilfslieferungen" in den Gazastreifen ermöglichen, darunter Treibstoff für humanitäre Zwecke, erklärte Katar, das in den indirekten Verhandlungen mit der Hamas eine Vermittlerrolle hatte. Die militant-islamistische Gruppe erwartet nach eigenen Angaben, dass Hunderte Lastwagen mit Hilfsgütern in das Küstengebiet gelassen werden.
Hilfsorganisationen kritisieren Feuerpause als zu kurz
Hilfsorganisationen kritisierten die vereinbarte viertägige Waffenruhe indes als ungenügend und forderten mehr Zeit zur Lieferung lebenswichtiger Hilfsgüter in das Gebiet. Die vereinbarte Waffenruhe sei "nicht genug und ganz sicher nicht ausreichend mit Blick auf die Menschenrechte", sagte Paul O'Brien von Amnesty International bei einer Videokonferenz mit weiteren Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, Oxfam und Save the Children.
"In vier Tagen können wir nicht Nahrung für zwei Millionen Menschen liefern", kritisierte Danila Zizi von Handicap International. Die Feuerpause sei nur "ein Tropfen auf den heißen Stein".
Der palästinensische Vertreter bei den UN, Riyad Mansour, forderte ein "endgültiges Ende" des Krieges zwischen Israel und der Hamas. Die vereinbarte Waffenruhe dürfe nicht nur eine Pause sein, "bevor das Massaker wieder von vorne beginnt", erklärte er vor dem UN-Sicherheitsrat und fügte hinzu, dass dank der Waffenruhe "hunderte palästinensische Kinder" am Leben blieben.
Biden telefoniert mit Führungen Katars, Israels und Ägyptens
US-Präsident Joe Biden telefonierte indes mit den Führungen Katars, Israels und Ägyptens, wie das Weiße Haus mitteilte. Der Golfstaat Katar spielte bei den Verhandlungen über eine Freilassung der Geiseln als Vermittler eine Schlüsselrolle.
In seinem Gespräch mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu versicherte der US-Präsident, "dass er sich weiterhin für die Freilassung aller verbleibenden Geiseln einsetzen wird". Zudem betonte er, wie wichtig Frieden "an der libanesischen Grenze und im Westjordanland" sei.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee