Giorgia Meloni "Zuallererst Italienerin"
Schon früh kandidierte Meloni für politische Ämter in Italien: 2006 wurde sie dort jüngste Ministerin. Nun ist die Chefin der rechtsradikalen Fratelli d'Italia erste Ministerpräsidentin. Wofür steht die 45-Jährige?
Vor fast genau 30 Jahren klopfte Giorgia Meloni in Rom an eine Tür. Sie hatte beschlossen, sich politisch zu engagieren. Der damals 15-Jährigen wurde geöffnet und sie durfte sich in die Jugendorganisation des "Movimento Sociale Italiano" (MSI), einer von Faschisten gegründeten Partei, einschreiben. Das war im Juli 1992. Seit Samstag ist die gebürtige Römerin die erste Ministerpräsidentin Italiens.
Das Gesicht der Rechten
In drei Jahrzehnten hat sich Meloni im patriarchalischen Italien an Männern vorbeigekämpft und ist zum Gesicht der Rechten im Land geworden. Warum gerade die Erben der Faschisten die am 15. Januar 1977 geborene Meloni überzeugten, ist nicht klar. Meloni spricht von einer "Instinktentscheidung".
Das die Wahl mit dem kommunistischen Vater zusammenhing, der die Familie früh verließ, will sie so nicht bestätigen. Ihre Lebenserfahrungen prägten aber durchaus ihre politischen Positionen. Dass sie ohne Vater aufwachsen musste, habe etwa dazu geführt, dass sie die "natürliche Familie", die aus Mann und Frau bestehe, verteidige, sagt Meloni.
Aufgewachsen im Arbeiterviertel
Giorgia und ihre Schwester Arianna wurden im Arbeiterviertel Garbatella in Rom von der Mutter und den Großeltern aufgezogen. Die Partei wurde ihre zweite Familie, der politische Aktivismus ihre Priorität. "Wenn du den Ehrgeiz hast, die Welt zu verändern, gibt es keinen Platz für etwas anderes", schreibt sie in ihrer Biografie, die auch wie ein Manifest daherkommt.
Prinzipientreu, patriotisch, fleißig - so inszeniert sich Meloni auch rückblickend. "Ich habe alle möglichen Jobs gemacht - von der Kellnerin bis zur Barkeeperin", sagte sie einmal in einem Interview des "Corriere della Sera". Auf ihrer Webseite bezeichnet sie sich selbst als Politikerin und Journalistin.
Der MSI wurde kurz nach ihrem Eintritt in Alleanza Nazionale (AN) umbenannt und 1994 erstmals in die Regierung geholt. Parteichef Gianfranco Fini distanzierte sich 2003 vom Faschismus und bezeichnete diesen als das "absolut Böse". So eine klare Aussage zu den Wurzeln ihrer Partei vermeidet Meloni bis heute. Sie brach mit ihrem Förderer.
Jüngste Ministerin in Italien
2006 wurde Meloni ins Parlament gewählt und zwei Jahre später die jüngste Ministerin (Jugend und Sport) der Geschichte Italiens. Es ist auf nationaler Ebene die einzige Regierungserfahrung, die sie vorweisen kann. 2012 gründete sie die Partei Fratelli d'Italia.
Meloni, die sich bei Twitter mit "immer, überall und zuallererst Italienerin" beschreibt, steht für klar rechte Positionen: Sie will Migranten - vor allem aus Afrika - abwehren und Italien als Nationalstaat innerhalb der EU stärken. Sie will hart gegen Kriminalität vorgehen und neue Gefängnisse bauen.
Meloni ist gegen das Recht homosexueller Paare, Kinder zu adoptieren. Sie sieht auch keine Not, Homosexuelle oder andere Minderheiten stärker vor Diskriminierung zu schützen. Sie ist gegen Abtreibung - in ihrer Biografie schreibt Meloni, dass ihre Mutter in der Schwangerschaft kurz davor war, sie selbst abzutreiben. 2016 bekam Meloni eine Tochter, mit deren Vater sie nicht verheiratet ist.
Vieles, was die 45-Jährige über sich selbst erzählt, lässt sich unter einem Motto zusammenfassen: Was mich nicht umbringt, macht mich stärker. Sie erzählt davon, wie sie gemobbt wurde - etwa als Mädchen am Strand von älteren Jungs, die sie als "Fettkloß" beschimpften und ihr einen Volleyball ins Gesicht schossen. Auch schreibt sie in ihrer Biografie, dass sie jeden Tag Angst habe, dass andere sie nicht als gleichwertig betrachteten, und sie sich oft unzulänglich fühle.
Selbstbewusst auf der Bühne
"Aber diese Angst ist meine Stärke", schreibt sie. "Sie ist der Grund, warum ich so gewissenhaft, so hartnäckig, so bereit dazu bin, Opfer zu bringen."
Bei ihren Auftritten erscheint Meloni alles andere als unsicher oder ängstlich. Sie scheut keine Konfrontation, wirkt selbstbewusst und meinungsstark. Argumente ihrer Kritiker scheinen an ihr abzuprallen. Ihre Bühne weiß sie zu nutzen - sei es im Fernsehen, vor ihren Anhängerinnen und Anhängern oder in den sozialen Medien.
Quelle: dpa