Unabhängigkeitsreferendum Katalonien bringt Gesetz durch
Die Katalanen dürfen am 1. Oktober wählen: Wollen sie ein Teil Spaniens bleiben oder unabhängig werden? Das Gesetz für das Referendum ging zwar durch das Parlament, zum Unwillen der spanischen Zentralregierung. Die letzte Hürde ist damit aber noch nicht genommen.
Seit Jahren schwelt ein Streit zwischen Spanien und seiner wirtschaftsstarken Region Katalonien. Viele Katalanen möchten unabhängig werden, einen eigenen Staat gründen. Sie meinen, so besser leben zu können - ohne Einfluss der Zentralregierung in Madrid. Doch die lehnt eine Loslösung strikt ab.
Nun spitzt sich der Konflikt weiter zu: Die Regionalregierung Kataloniens hat ein Gesetz durch das Parlament gebracht, das ein Unabhängigkeitsreferendum ermöglichen soll. Der Termin ist der 1. Oktober.
Klare Mehrheit für das Referendum
Elf Stunden dauerte die Debatte im Parlament von Barcelona: Die Opposition aus Konservativen, Sozialisten und Liberalen forderten die separatistische Regionalregierung immer wieder auf, ihr Vorhaben nicht umzusetzen. Doch die Befürworter einer Unabhängigkeit von Spanien haben die Mehrheit im Parlament. Und so verkündete Parlamentspräsidentin Forcadell am späten Abend: "Das Gesetz für ein Unabhängigkeitsreferendum ist mit 72 Stimmen angenommen, 0 Gegenstimmen, 11 Enthaltungen."
Minutenlanger Applaus der Regierungsparteien, die Opposition hatte zur Abstimmung den Saal aus Protest verlassen. Eine gute Stunde später schließlich der nächste formale Schritt: Der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont unterzeichnete ein Dekret, das ein Referendum für den 1. Oktober terminiert.
Zentralregierung will Abstimmung verhindern
Damit ist es aus katalanischer Sicht beschlossene Sache, nicht aber aus spanischer: Die Regierung in Madrid möchte die Volksabstimmung mit aller Macht verhindern. Ministerpräsident Mariano Rajoy nannte das Vorhaben vor ein paar Tagen schon "Unsinn". Er will sich heute mit seinem Kabinett zusammensetzen, außerdem mit Oppositionsführer und Sozialistenchef Pedro Sanchez, um über die Lage zu beraten.
Vize-Regierungschefin Soraya Saenz de Santamaria verurteilte das Projekt der katalanischen Regionalregierung mit deutlichen Worten: "Es ist peinlich und beschämend. Wir erleben in Katalonien, wie die Demokratie mit Füßen getreten wird. Der spanische Staat wird mit aller Stärke die Rechte der Bürger von Katalonien verteidigen - und keiner sollte daran zweifeln, dass wir genau wissen, was wir tun müssen, in jedem Moment."
Beobachter erwarten, dass das spanische Verfassungsgericht das geplante Referendum in Katalonien in Kürze für illegal erklären wird. Die katalanische Regionalregierung hatte jedoch schon mehrmals erklärt, dass sie sich an ein solches Urteil aus Madrid nicht halten will. Man habe schon alles vorbereitet - Stimmzettel, Wahlurnen - und werde die Volksabstimmung starten, am 1. Oktober.
Laut Umfrage wackelt Votum für Abspaltung
Sollte eine Mehrheit der Katalanen für eine Unabhängigkeit von Spanien stimmen, werde sich die Region innerhalb von 48 Stunden loslösen. Bei einem "Nein" sind Neuwahlen in Katalonien geplant.
Viele Katalanen begründen ihren Wunsch nach einer Unabhängigkeit so: Sie fühlten sich unterdrückt von Spanien, kulturell und finanziell. Die wirtschaftlich starke Region müsse mehr Geld nach Madrid zahlen, über eine Art Länderfinanzausgleich, als sie an Leistungen zurückbekomme. Nach der letzten Umfrage des katalanischen Statistikinstituts sind aber nur 41 Prozent der Katalanen für eine Unabhängigkeit - also nicht die Mehrheit.