Konflikt mit Ukraine EU erwägt neue Russland-Sanktionen
Im Konflikt über die festgesetzten ukrainischen Boote schließt die EU neue Sanktionen gegen Russland nicht aus. Ein Gericht auf der Krim verurteilte drei der festgesetzten ukrainischen Seeleute zu je zwei Monaten U-Haft.
Nach der neuen Eskalation im Krim-Konflikt hat die österreichische EU-Ratspräsidentschaft weitere Sanktionen gegen Russland ins Spiel gebracht. Allerdings müsse zunächst geklärt werden, was genau am Sonntag zwischen russischen und ukrainischen Marineschiffen vorgefallen ist, sagte die österreichische Außenministerin Karin Kneissl bei einem Treffen mit Bundesaußenminister Heiko Maas in Berlin.
"Die Frage von weiteren Sanktionen wird sich zeigen, wir haben demnächst einen gemeinsamen Rat", sagte Kneissl. Alles hänge jedoch davon ab, wie sich der Sachverhalt darstelle und wie sich Moskau und Kiew weiter verhielten. Derzeit stehe bezüglich der Konfrontation "Aussage gegen Aussage". Deeskalation sei das Gebot der Stunde - der Konflikt müsse mit Worten und nicht mit Waffen gelöst werden, unterstrich Kneissl.
U-Haft für ukrainische Soldaten
Unterdessen wurden drei der 23 von Russland festgehaltenen ukrainischen Marinesoldaten zu jeweils zwei Monaten Untersuchungshaft verurteilt. Ihnen wird illegaler Grenzübertritt vorgeworfen. Damit drohen ihnen bei einem Prozess in Russland bis zu sechs Jahren Haft. Insgesamt sollen nach Angaben der Menschenrechts-Beauftragten auf der Krim, Ljudmila Lubina, in der Stadt Simferopol die Fälle von zwölf Matrosen niedriger Dienstgrade vor Gericht geprüft werden. Unter den Gefangenen sind laut dem ukrainischen Geheimdienst SBU auch einige Geheimdienst-Offiziere.
Im ARD-Interview forderte der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin sofortigen Zugang zu den gefangenen Soldaten sowie deren Freilassung. Man habe bereits das Rote Kreuz kontaktiert, um sie medizinisch untersuchen zu lassen, bislang jedoch ohne Erfolg. Er verurteilte den gesamten Vorfall als geplante Aktion Russlands. "Unsere Boote sind genau so gefahren wie im September und haben die Durchfahrt bei den Russen gemeldet." Dennoch hätten die Boote fast sieben Stunden warten müssen, obwohl sie keine strategische Gefahr für russische Interessen dargestellt hätten.
Er verteidigte die Verhängung des Kriegszustands für 30 Tage als notwendige Maßnahme. Sein Land wolle vorbereitet zu sein auf jede mögliche weitere "Aggression der Russen".
Merkel telefoniert mit Putin und Poroschenko
Kanzlerin Angela Merkel mahnte derweil in einem Telefonat mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin zu "Deeskalation und Dialog". Die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete, Putin habe Merkel im Gegenzug gebeten, auf die ukrainische Führung einzuwirken, "keine weiteren unüberlegten Schritte" zu ergreifen.
Moskau wies den Vorschlag zurück, ausländische Vermittler einzuschalten. Vielmehr solle der Westen die Ukraine zur Räson bringen und ein "starkes Signal" senden, damit Kiew aufhöre zu provozieren, erklärte Außenminister Sergej Lawrow.
Zuvor hatte die Kanzlerin auch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko telefoniert. Das ukrainische Parlament hatte am Vortag eine Verhängung des Kriegsrechts in Grenzregionen für 30 Tage verhängt.
UN-Chef besorgt
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich besorgt über die Zuspitzung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine. Eine weitere Eskalation müsse auf jeden Fall vermieden werden, sagte Guterres in New York. Beide Seiten müssten sich "maximal zurückhalten" und sofort Schritte zur Reduzierung der Spannungen unternehmen.
Die NATO, die EU und die USA forderten die sofortige Freilassung der Marineangehörigen und die Rückgabe der Schiffe an die Ukraine. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) rief Russland und die Ukraine zum Dialog auf. "Wir sind sehr besorgt über die Entwicklungen im Asowschen Meer und der Meerenge von Kertsch", teilte OSZE-Vorsitzender Enzo Moavero Milanesi mit.
Ukrainische Schiffe gekapert und aufgebracht
Die Ukraine wirft Russland vor, ihre Schiffe in der Meerenge von Kertsch beschossen, gekapert und dabei sechs Seeleute verletzt zu haben.
Vor der Gefangennahme hatte ein Schiff der russischen Marine eines der festgesetzten Schiffe gerammt. Ein russischer Tanker blockierte zeitweise die Meerenge von Kertsch.
Russische Behörden werfen den ukrainischen Seeleuten vor, sie hätten Anweisungen der Küstenwache missachtet - diese hingegen berufen sich auf ein Abkommen von 2003, demzufolge es sich im Nadelöhr zum Asowschen Meer als gemeinsames Territorialgewässer handelt.