Schmidts Glyphosat-Entscheidung Wichtigste Grundlage für GroKo zerstört
Das Timing ist sehr außergewöhnlich, meint Stephan Ueberbach: Mitten in die zarte GroKo-Annäherung platzt Landwirtschaftsminister Schmidt mit seiner Glyphosat-Entscheidung. Die SPD ist zu Recht empört. Und Kanzlerin Merkel steht denkbar schlecht da.
Das muss man Christian Schmidt lassen. Der Mann hat ein Händchen für das richtige Timing. In Berlin bietet die Kanzlerin der SPD faire Koalitionsgespräche an, in Brüssel fällt der Bundeslandwirtschaftsminister den Genossen gleichzeitig in den Rücken. Die sind empört. Und womit? Mit Recht. Schmidt sagt Ja zum umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, obwohl der Noch- (und vielleicht Bald-wieder-)Regierungspartner SPD strikt dagegen ist. Dazu gehört schon was. In der aktuellen Lage erst recht.
Schließlich ist die Union nach dem Jamaika-Aus auf die SPD angewiesen, wenn Angela Merkel Kanzlerin bleiben soll. Und was macht CSU-Mann Schmidt: Er zerstört mit seinem Glyphosat-Alleingang die wichtigste Grundlage für eine wie auch immer geartete schwarz-rote Zusammenarbeit. Wenn sich die potenziellen Partner nicht über den Weg trauen, kann man das Ganze nämlich gleich lassen. Will Merkel ihre Macht behalten, muss sie der SPD einen hohen Preis bezahlen.
Merkel steht nicht gut da
Apropos Merkel: Die Kanzlerin hat entweder von Schmidts dreistem Manöver gewusst und vielleicht sogar grünes Licht gegeben - oder sie ist ahnungslos und von ihrem Minister genauso vorgeführt worden wie die SPD. Aber egal, wie es nun wirklich war - Merkel steht in dieser Sache nicht gut da.
Und was sagt der Mann, der dafür verantwortlich ist? Zitat: "So ist er halt, der Schmidt." Klingt irgendwie nach trotzigem Stolz.
Nie großartig aufgefallen
Dabei ist der Landwirtschaftsminister in den vergangenen vier Jahren nie großartig aufgefallen. Höchstens mit Ankündigungen, aus denen nichts wurde. Wie zum Beispiel die Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums. Erfolgreicher war Schmidt beim Aufweichen von Vorschriften für Bauern: Einschränkungen bei der Massentierhaltung sind genauso an seinem Widerstand gescheitert wie strengere Gülle-Grenzwerte.
Der Mann kennt sich also mit Blockaden aus. Und hat mit seiner Glyphosat-Entscheidung jetzt auch das Klima zwischen Union und SPD nachhaltig vergiftet. Was für eine Pointe. Da handelt der Landwirtschaftsminister tatsächlich mal - und dann das. Vielleicht steckt ja eine Strategie dahinter. Wer eine neue Große Koalition torpedieren will, der muss es jedenfalls genauso machen wie Schmidt.