Parteiaustritte Labours Krise wächst
Sieben Labour-Abgeordnete haben aus Protest gegen den Brexit-Kurs ihre Partei verlassen - dazu gehört auch Chuka Umunna, der sich seit Monaten für ein zweites Referendum einsetzt.
Seit Monaten brodelte es in der Labour-Partei. Massive Kritik richtete sich immer wieder gegen den Labour-Chef Jeremy Corbyn. Der Altlinke gilt als EU-Skeptiker. Der junge charismatische Labour-Abgeordnete Chuka Umunna hat nun seine Konsequenzen gezogen und ist zurückgetreten.
Umunna gehört zu der Gruppe von Abgeordneten, die sich in einer parteiübergreifenden Kampagne für ein weiteres "People's Vote" einsetzen. Umunna sagte:
Es ist Zeit, dass wir die ewig gestrige Politik aufgeben und eine Alternative bieten, die dem gerecht wird, was wir heute sind. Natürlich ist das eine schwierige Entscheidung, aber man wird nicht Labour-Mitglied, um über Jahre mit Menschen innerhalb der Partei zu streiten, man wird Mitglied, um die Welt zu verändern. Deswegen laden wir sie heute dazu ein, ihre Partei zu verlassen und einen neuen Konsens zu finden - für die Zukunft von Großbritannien.
Vorwürfe von der Partei-Basis
Insbesondere die Parteibasis wirft Corbyn vor, dass er sich nicht für ein zweites Referendum einsetzt. Der Abgeordnete Chris Leslie will die Politik seiner Partei nicht mehr unterstützen. Der linke Rand habe die Partei gekapert. "Der Verrat an Europa ist nun für alle sichtbar. Labour unterstützt die Regierung bei ihrem Brexit-Kurs, indem sie der Bevölkerung ein letztes Wort über den Brexit versagt, sie setzt sich nicht für ein zweites Referendum ein", sagt Leslie. Die Partei schaue tatenlos zu. "Unsere Wahlkreise werden unter den Folgen leiden. Damit werden die traditionellen Werte von Labour bedroht."
Ann Coffey, Angela Smith, Chris Leslie, Chuka Umunna, Mike Gapes, Luciana Berger und Gavin Shuker (von links nach rechts) haben die Labour-Partei verlassen.
Doch es ist nicht nur der Brexit, der zu den Rücktritten geführt hat. Für die Labour-Abgeordnete Luciana Berger ist es auch Corbyns Unvermögen, antisemitische Tendenzen in der Partei in den Griff zu bekommen. "Ich lasse eine Parteikultur zurück, die Intoleranz, Mobbing und Einschüchterung ermöglicht", sagte sie. "Ich freue mich nun darauf, mit Kollegen zusammenzuarbeiten, die sich gegenseitig respektieren." Berger sagt, sie sei "zu dem traurigen Schluss" gekommen, dass sie nicht länger in einer Partei bleiben könne, die "institutionalisierten Antisemitismus" betreibe.
Die jüdische Labour-Abgeordnete war in den sozialen Medien mehrfach mit antisemitischen Äußerungen beschimpft worden.
Labour-Chef Jeremy Corbyn. Insbesondere die Partei-Basis wirft ihm vor, dass er sich nicht für ein zweites Referendum einsetzt.
Corbyn zeigt sich enttäuscht
Labour-Chef Corbyn twitterte, er sei "enttäuscht" über die Rücktritte. Sein verbündeter Parteikollege, der Schatten-Finanzminister John McDonnell, kritisiert die Rücktritte: "Wenn es Probleme gibt, dann verlässt man nicht einfach die Partei. Man stellt sich der Diskussion, das fördert den Respekt."
Der Vorsitzende der Liberaldemokraten Vince Cable sagte, er finde den Rücktritt der Abgeordneten mutig und er freue sich auf die weitere Zusammenarbeit mit ihnen. "Aber es gibt nicht nur einen Bruch in der Labour-Partei. Auch die konservativen Tories sind gespalten. Ich denke, da wird noch einiges passieren. Da werden wir hinsehen müssen."