Remigijus Zemaitaitis und Vilija Blinkeviciute

Antisemitismus-Vorwürfe Umstrittenes Regierungsbündnis in Litauen vereinbart

Stand: 11.11.2024 18:24 Uhr

Nach der Wahl in Litauen steht das Regierungsbündnis. Mit dabei ist die Partei "Morgenröte von Nemunas". Ihr Chef, Zemaitaitis, hatte wegen antisemitischer Aussagen sein Mandat verloren. Die Kritik im In- und Ausland ist groß.

In Litauen hat sich unter Führung der Sozialdemokraten ein neues Regierungsbündnis gebildet. Nach dem Wahlsieg der Sozialdemokraten wollen diese jetzt mit der Demokratischen Union für Litauen und der neu gegründeten populistischen Partei "Morgenröte von Nemunas" regieren, deren Vorsitzender Remigijus Zemaitaitis wegen mutmaßlich antisemitischer Kommentare vor Gericht steht.

Das neue Dreierbündnis kommt zusammen auf 86 der 141 Sitze im Parlament. Die drei Parteien unterzeichneten in der Hauptstadt Vilnius eine Koalitionsvereinbarung, in dem auch die Verteilung der wichtigsten Posten und Ministerressorts des baltischen EU- und NATO-Landes festgelegt werden.

Staatspräsidentin will keine Minister aus Morgenröte-Partei

Staatspräsident Gitanas Nauseda kündigte allerdings an, keine Mitglieder der Partei "Morgenröte von Nemunas" als Minister der nächsten Regierung zu ernennen. In Litauen werden Minister vom Staatspräsidenten auf Vorschlag des Regierungschefs ernannt und entlassen. Es könnte sein, dass die Partei nun Technokraten für die für sie vorgesehenen Ministerposten nominiert.

Nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags versuchten die Bündnispartner, die Gemüter zu beruhigen. Der Vertrag enthalte eine Verpflichtung zur "Bekämpfung von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und allen Formen der Aufstachelung zum Hass", erklärten sie. Der designierte sozialdemokratische Regierungschef Gintautas Paluckas versicherte: "In der Regierung gibt es keinen Antisemitismus, und wird es auch keinen geben."

Umstrittener Parteichef lehnt Antisemitismus-Vorwurf ab

Die Kritik an der Morgenröte-Partei richtet sich in erster Linie gegen Parteichef Zemaitaitis, der mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen ist. Der 42-Jährige verlor deshalb im Frühjahr sein Mandat als Abgeordneter. Er hatte das israelische Vorgehen im Westjordanland kritisiert und einen Reim zitiert, in dem es um die Tötung von Juden geht.

Zemaitaitis, der nicht für einen Regierungsposten vorgesehen ist, beteuerte in einem Schreiben an die Botschafter der EU- und NATO-Länder sowie Israel, dass er keine antisemitischen Ansichten vertrete.

Protestpartei überraschend Teil der Regierung

Die Protestpartei, die bei der Abstimmung im Oktober drittstärkste Kraft wurde, verbindet linke Positionen mit einem rechtspopulistischen Programm. Die Regierungsbeteiligung der "Morgenröte von Nemunas" - entgegen anderslautender Ankündigungen der Sozialdemokraten vor der Wahl - sorgte in Litauen und auch international für Kritik und Empörung. 

Vor der konstituierenden Sitzung des Parlaments am Donnerstag ist eine Kundgebung gegen die Aufnahme der "Morgenröte von Nemunas" in die Regierung geplant. Kritik hatte es auch von Vertretern Israels, der USA und Deutschlands gegeben. "Ein Bündnis mit einer antisemitischen Partei ist mit unseren Werten unvereinbar", schrieb der SPD-Außenpolitiker und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Michael Roth, auf der Plattform X.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk in der Sendung "Informationen am Abend" am 11. November 2024 um 18:31 Uhr.