Hilfskräfte suchen Überlebende Nachbeben erschüttert Marokko
Am zweiten Tag nach der Katastrophe in Marokko hat ein Nachbeben die Suche nach Überlebenden erschwert. Bislang wurden mehr als 2.100 Tote gezählt, Hunderte werden vermisst. Internationale Hilfe für die Opfer läuft an.
Nach dem verheerenden Erdbeben in Marokko mit mehr als 2.100 Toten und mindestens ebenso vielen Verletzten stehen die Bergungs- und Rettungstrupps vor großen Herausforderungen. Weiterhin ist die Lage in den Unglücksgebieten unübersichtlich. Nur mit großer Anstrengung kommen die Helfer in den teils abgelegenen Bergregionen voran.
Erschwerend dazu wurde das Land am Morgen von einem neuen Beben erschüttert, teilte Nasser Jabour, Leiter einer Abteilung des Nationalen Instituts für Geophysik, der marokkanischen Nachrichtenseite "Hespress" mit. Demzufolge lag das Epizentrum des Nachbebens etwa 80 Kilometer südwestlich von Marrakesch, ähnlich wie das erste Beben am Freitagabend. Die US-Erdbebenwarte USGS verzeichnete eine Stärke von 3,9.
Rettungsteams aus Spanien erreichen Katastrophengebiet
Unterstützung erreicht Marokko aus Spanien: Wie das spanische Verteidigungsministerium auf X (vormals Twitter) mitteilte, ist eine Spezialeinheit des Militärs aufgebrochen. Die Entsendung folgte laut Berichten spanischer Medien auf eine formelle Bitte Marokkos um Beistand. Weitere Einsatzteams des Nachbarlands unterstützen offenbar mit Hunden die Such- und Rettungskräfte.
Mitglieder der "Feuerwehr ohne Grenzen" aus Spanien waren auf dem Landweg unterwegs in das besonders betroffene Gebiet im Atlasgebirge: "Wir sind noch etwa zwei Stunden vom Epizentrum entfernt", sagte der Leiter des Einsatzes, Antonio Nogales, dem spanischen Fernsehsender RTVE. Seine Feuerwehrleute stünden mit den marokkanischen Behörden in Kontakt, damit sie ihnen ein Einsatzgebiet zuwiesen.
"Einige der am schlimmsten betroffenen Gebiete sind recht abgelegen und bergig und daher schwer zu erreichen", teilte die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) mit. Hunderte Menschen galten auch am zweiten Tag nach der Katastrophe als vermisst, berichtete der Nachrichtensender Al-Arabiya. Zudem besteht weiter die Gefahr von Nachbeben, wodurch bereits beschädigte Gebäude komplett einstürzen könnten.
Offenbar keine Hilfe aus Deutschland angefordert
In Deutschland hat man bis zuletzt auf ein Hilfeersuchen Marokkos gewartet - offenbar vergebens. Wie das Technische Hilfswerk (THW) mitteilte, schickt es seine für einen möglichen Rettungseinsatz nahe dem Flughafen Köln/Bonn bereits versammelten Helfer vorerst wieder nach Hause.
Zwischenzeitlich habe sich das Zeitfenster, in dem die Wahrscheinlichkeit groß sei, Menschen lebend unter Trümmern zu retten, fast geschlossen. Das Team bleibe aber einsatzbereit, versicherte das THW. "Die mehr als 50 Helferinnen und Helfer der Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland (SEEBA) des THW waren innerhalb kurzer Zeit bereit, um mit ihrer technischen Expertise humanitäre Hilfe in Marokko zu leisten", erklärte die Präsidentin Sabine Lackner.
Trotzdem zeigt sich das THW weiterhin bemüht, dem nordafrikanischen Land anderweitig zu helfen. Man prüfe, ob mit der Lieferung von Hilfsgütern geholfen werden könne. Auch für eine mögliche Unterstützung bei der Trinkwasserversorgung vor Ort seien THW-Einsatzkräfte vorbereitet.
Zuvor hatten bereits die Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany und der Bundesverband Rettungshunde ihre Vorbereitungen für einen möglichen Einsatz in Marokko abgebrochen.
Die Bundesregierung prüft, ob in den Katastrophengebieten auch Deutsche unter den Opfern sind. Derzeit lägen keine Kenntnisse darüber vor, hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.
Mehr als 300.000 Menschen betroffen
In den betroffenen Gebieten seien viele Menschen auf der Suche nach Überlebenden, schilderte ARD-Korrespondentin Kristina Böker bei tagesschau 24. Doch wie die Lage der Einsatzkräfte tatsächlich vor Ort ist, sei "schwer zu beurteilen", erklärte sie.
Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mehr als 300.000 Menschen in Marrakesch und umliegenden Gebieten vom Erdbeben betroffen. Sie verbrachten die zweite Nacht in Unsicherheit und Trauer. Die Zahl der Toten stieg nach Angaben marokkanischer Behörden auf inzwischen 2.012. Mindestens 2.059 weitere Menschen wurden verletzt, mehr als die Hälfte davon schwer, wie marokkanische Medien unter Berufung auf das Innenministerium berichteten.