Bundeskabinett in Warschau Worüber streiten Deutschland und Polen?
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen sind schlecht, denn die Liste der Streitthemen ist lang: Ganz oben steht da die Migration. Auch zu Justiz, Gas und Reparationen gibt es Diskussionsbedarf.
Mit der Regierungsübernahme der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) haben sich die Beziehungen zwischen Warschau und Berlin deutlich verschlechtert. Die Konfliktthemen spielten auch bei den 15. deutsch-polnischen Regierungskonsultationen eine Rolle, zu denen Kanzlerin Angela Merkel heute in der polnischen Hauptstadt war.
Auch der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, sagte, momentan sei es so, "dass wir Deutsche uns über vieles wundern, was da im Land vor sich geht". Allerdings müsse man sich hüten, "oberlehrerhaft" zu urteilen, sagte der SPD-Politiker im SWR weiter. Gerade für Deutschland empfehle sich "eine gewisse Demut" im Umgang mit Polen. Zudem gebe es "trotz der Irritationen" eine gute Zusammenarbeit.
Ein Überblick über die wichtigsten Streitpunkte:
JUSTIZ: Auf EU-Ebene steht Polen wegen des Umbaus der Justiz sehr heftig in der Kritik. Die EU-Kommission sieht die Unabhängigkeit der Justiz bedroht und leitete erstmals in der EU-Geschichte ein Sanktionsverfahren ein, durch das Polen sogar seine Stimmrechte im EU-Ministerrat verlieren kann.
Jüngster Streitpunkt ist die Zwangspensionierung von Richtern, deren sofortige Wiedereinstellung der Europäische Gerichtshof nun einstweilig anordnete. Ob und wie die polnische Regierung dies umsetzen wird, ist unklar.
FLÜCHTLINGE: Warschaus Regierende wehren sich strikt gegen eine verpflichtende Aufnahme von Migranten. Die Migrationspolitik Merkels stieß bei der PiS auf große Kritik.
NORD STREAM 2: Die polnische Regierung lehnt den geplanten Bau einer weiteren Gaspipeline von Russland durch die Ostsee nach Deutschland - unter Umgehung Polens - ab. Bei seinem Berlin-Besuch Ende Oktober kritisierte Polens Präsident Andrzej Duda das Projekt. Polen wirft Berlin bei der Pipeline Egoismus vor und warnt, sich zunehmend von Russland abhängig zu machen.
REPARATIONEN: Seit mehr als einem Jahr werden aus PiS-Kreisen Forderungen nach deutschen Kriegsentschädigungen laut. Ein vom Parlament beauftragtes Gremium lässt mögliche Ansprüche überprüfen, offizielle Forderungen seitens der Regierung gab es bisher noch nicht.
Kurz vor den Konsultationen pochte Duda darauf, dass das Thema nicht erledigt sei. Die in Polen angerichteten Kriegsschäden seien von Deutschland nie ausgeglichen worden, sagte der Präsident der "Bild am Sonntag".
Für Berlin ist das Thema dagegen mit dem 1990 unterzeichneten Zwei-plus-Vier-Vertrag abgeschlossen, der die internationale Grundlage für die deutsche Wiedervereinigung war. Darin heißt es, es seien "keine weiteren Reparationen" vorgesehen.